Recklinghausen. .

Zunächst wortlos blickte Dr. Frank Hoffmann in die Zuschauerreihen auf der Hinterbühne des Festspielhauses: „In den russischen Stücken gibt es viel Schweigen.“ Aber das war gestern nur die Stille, bis Tschaikowskys 5. Sinfonie einsetzte.

Die 66. Ruhrfestspiele tauchen mit ihrem Intendanten tief ein in die russisches Seele. „Rekordverdächtig“ nennt Frank Hoffmann die Zahl von 26 Produktionen zum Schwerpunkt-Thema „Im Osten was Neues“ (mehr auf der Kulturseite). Und wieder ist die Neue Philharmonie Westfalen mit einem Beitrag zum großen Thema dabei. Tschaikowskys „5.“ wird am 20. Mai zu einer „Sinfonie in Bildern“, fotografiert vom Musiker und Lichtbildner Tobias Melle.

Cate Blanchett, die schon seit Wochen als DER internationale Star der kommenden Festspiele Gehandelte, hatte sich als Regisseurin schon in Marl feiern lassen. Vom 25. Mai bis 2. Juni folgt sie der großen Edith Clever in der Hauptrollen von Botho Strauß’ „Groß und Klein“ (in englischer Sprache).

Das Kleine Theater bietet neben einer Fortsetzung des russischen Schwerpunktes doppelte Wiedersehen: Zum einen mit Katja Riemann, der es im Vorjahr gelang, ausgerechnet mit einem „Rammstein“-Programm zu bezaubern. Wieder gastiert sie vom 19. bis 23. Mai an der Seite des Gitarristen Arne Jansen. „Winter. Ein Roadmovie“ vereint Schubert-Lieder und Heinrich Heines Lyrik. Und Frank Hoffmann versichert, die beiden habe noch niemand in einem Abend zusammen geführt.

Kann eine Entdeckung vom literarischen Dachboden für ein „Wiedersehen“ sorgen? Wieder entdeckte der Intendant für eine eigene Inszenierung einen „vergessenen“ Tabori-Text: Die Uraufführung von „Abendschau“ bietet ein Wiedersehen mit dem großartigen Wolfram Koch, als ein vom Tod heimgesuchter Entertainer. „Eine Trouvaille“, nennt’s Hoffmann, „sehr lustig und sehr böse, wie Tabori halt ist“, sagt Koch.

Burghart Klaußner, der im Schiller-Jahr als König Philip beeindruckte, kommt mit Arthur Miller und dem „Tod eines Handlungsreisenden“ als Willy Loman vom 11. bis 16. Juni nach Recklinghausen. Es ist das Traditions-Gastspiel des St. Pauli-Theaters.

Fünf Uraufführungen im Theaterzelt bietet das kleine „Festival im Festival“. Eingeladen hat Frank Hoffmann einen Luxemburger Landsmann, Nico Helminger, die in Wolgograd geborene Marianna Salzmann, Kevin Rittberger und erneut Wolfram Lotz – der mit „Zerschossene Träume“ eine Reminiszenz an die Schiller-Festspiele schrieb: Sein Text basiert auf „Kabale und Liebe“. Schließlich gibt es als Uraufführung auch den berühmtesten Schweizer zu entdecken: Max Frisch schrieb „Antwort aus der Stille“ – als wär’s eine Replik auf das kunstvolle Schweigen der russischen Literaten.

Last, not least kehrt das Kindertheater 2012 auf den grünen Hügel zurück: Im weißen Zelt gibt die „Compagnie Nicole & Martin“ vom 6. bis 16. Juni drei Märchen der Brüder Grimm Fringe-mäßig: zirzensisch, musikalisch, clownesk.