Vest.

Morgen oder Mittwoch kommt Post aus Düsseldorf. 34 Städte in Nordrhein-Westfalen, darunter sechs aus dem Vest, erhalten ihren Bewilligungsbescheid im Zusammenhang mit dem Stärkungspakt und damit etwas mehr Geld für ihre klammen Kassen. Was das fürs überschuldete Castrop-Rauxel, Datteln, Dorsten, Marl, Oer-Erkenschwick und Waltrop bedeutet, erörterten ihre Bürgermeister und Kämmerer am Samstag mit den Kollegen der vier weiteren Städte im Kreis, mit Landrat Cay Süberkrüb, Kreis-Kämmerer Roland Butz und mit Dorothe Feller-Elverfeld.

Die Vizepräsidentin der Bezirksregierung machte sich in der Elefantenrunde einen Eindruck davon, wie prekär die finanzielle Lage in dieser Region ist. Deutlich gemacht wurde ihr, so Recklinghausens Kämmerer Christoph Tesche und Marls Bürgermeister Werner Arndt, „dass der Stärkungspakt nur ein erster Schritt sein kann“.

Auch mit jährlich zusätzlichen 350 Millionen Euro für besagte 34 Städte, die damit bis 2016 einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen sollen, bleibt das Problem, „das zu wenig Geld im System ist“. Auch Landrat Cay Süberkrüb (SPD) betont: „Wir haben ein Einnahmeproblem.“

Was Städte und Kreis, die die Einbringung ihrer Etats wegen des Pakts auf Anfang 2012 verschoben haben, nicht davon entbindet, ihre Sparmaßnahmen fortzusetzen. Schon vor dem angekündigten Umlagefinanzierungsgesetz will sich der Kreis wie die sechs hiesigen Städte des Stabilitätspakts von der Gemeindeprüfungsanstalt beraten lassen. Das Umlage-Gesetz wird, so Landrat Süberkrüb, unter anderem mit sich bringen, dass alle zu zahlenden Umlagen „von der Aufsicht genehmigt werden müssen.“

Während besagtes Sextett sich nicht nur von der GPA beraten, sondern auch miteinander abstimmen will, wollen auch die verbliebenen vier Städte Gladbeck, Haltern am See, Herten und Recklinghausen, denen mittelfristig die Überschuldung droht, miteinander kooperieren. Noch im Januar soll es ein weiteres Treffen des Quartetts geben. Ob etwa Recklinghausen freiwillig unter den Stabilitätsschirm schlüpft, ist unklar. „Wir warten die Daten des ersten Quartals 2012 ab“, so Kämmerer Tesche. Vor allem aber würden die Inhalte des noch nicht veröffentlichten Ausführungserlasses eine Rolle spielen. Alle Städte der ersten Phase des Pakts müssen bis zum 30. Juni einen Sanierungsplan vorlegen. Die Kandidaten der zweiten Phase müssen sich bis zum 31. März erklären und ihren Sanierungsplan bis 30. September ausarbeiten. Sie hätten bis 2018 Zeit, ihren Haushalt auszugleichen. Eine dritte Variante wäre der Ausgleich bis 2022 – ohne zusätzliche Hilfe vom Land.

„Wie wir uns entscheiden, ist noch nicht klar“, das Christoph Tesche. Der Samstag habe aus seiner Sicht noch einmal klar gemacht, dass alle Kreis-Städte – wenn auch auf unterschiedlichem Niveau – „die gleichen, strukturellen Probleme“ haben. So werde Recklinghausen seit 2001, als der Haushalts letztmals ein leichtes Plus aufwies und die Kreisumlage 50 Millionen Euro betrug, bis 2015 insgesamt Kreisumlagen in Höhe von zusätzlich 150 Millionen entrichten. „Dafür kann der Kreis gar nichts“, betont Tesche. Er wie auch seine Kollegen und wie Landrat Süberkrüb sagen: „Wir müssen für die Aufgaben, die wir zu erledigen haben, auskömmlich finanziert werden.“

Bislang sei das nicht der Fall, daher rührten die großen Defizite. Die wiederum „auf herkömmliche Weise nicht zu stopfen sind“ (Tesche). Mit den meisten Ausgaben würden Pflichtaufgaben erledigt. Was bliebe, wären große Einnahmezusätze etwa über die Verdopplung der Hebesätze. „Aber das muss auch mehrheitsfähig sein“, so Werner Arndt. Die Stadt Selm, die genau diesen Weg gegangen sei, rudere schon wieder zurück.

Info-Veranstaltung für Bürger

Die Bürger stärker einbeziehen möchte Recklinghausen bei der Bewältigung seiner Finanzprobleme. „Ich habe dem Bürgermeister vorgeschlagen, im nächsten Jahr zwei Informationsveranstaltungen zu dem Thema zu machen“, sagt Kämmerer Christoph Tesche. Dabei sollen die Probleme dargelegt und den Bürger die Chance gegeben werden, eigene Vorschläge einzubringen. Diese werde bald auch über einen Internetauftritt möglich sein. Entscheiden müsse letztlich aber die Politik, welche Schritt die Stadt unternehmen will“, so der Kämmerer und Erste Beigeordnete.