Marl. . Fortbildung für Fachlehrer im Marler Chemiepark. Ziel: Bei jungen Leuten die Lust an Chemie und chemischen Berufen wecken.

Was fällt Ihnen zum Thema Chemie ein? Nun, dieses vermutlich nicht: Kartoffeln schälen. Doch genau das tun Nicole Stich (36) und Inge Buchner (57), angetan mit weißen Kitteln und großen Schutzbrillen, gerade hier, im Ausbildungs-Labor im Chemiepark Marl. Schließlich wollen sie ran an die Kartoffelstärke, um mit ihrer Hilfe Klebstoff zu produzieren. Ein Experiment, das die Chemielehrerinnen vielleicht schon bald an ihren Schulen – dem Gladbecker Heisenberg-Gymnasium und der Waltroper Realschule – durchführen.

Denn die beiden nehmen mit zwölf weiteren Lehrern an einer Fortbildung teil, die der Westfälische Arbeitgeberverband für die chemische Industrie (Bochum) und das Chemielehrer-Fortbildungszentrum (Dortmund) bei Evonik Degussa (Marl) anbieten. Thema: Kunststoffe und Klebstoffe.

Diese Fortbildung, die auch eine Erkundung des Betriebs beinhaltet, gehört zu den Projekten des Arbeitgeberverbandes, die letztlich darauf zielen, jungen Leuten den Spaß an der und die Nähe zur Chemie zu vermitteln. Auf dass sie in der chemischen Industrie eine Ausbildung machen. „Die Demografie lässt grüßen“, verweist Bernd Brucker vom Arbeitgeberverband auf den drohenden Fachkräftemangel. Denn die naturwissenschaftlich-technischen Bereiche stünden bei der Berufswahl oft nicht im Fokus.

„Wir haben jedes Jahr mehrere hundert Schüler im Praktikum hier“, erzählt Marius Olechowski, Ausbilder im Chemiepark. Natürlich gebe es auch Vorurteile: dass Chemie schwierig ist, abgehoben. „Die Schüler merken hier dann: Chemie ist sehr lebendig und kann auch von ihnen umgesetzt werden.“ Aber alle Schüler könne man nicht erreichen; die Lehrer als Multiplikatoren seien wichtig. Gezeigt würden ihnen neue Versuche, die praxisnah, ohne viel Aufwand oder Geld durchgeführt werden können.

Dass Schüler und Chemie oft genug ihre Schwierigkeiten miteinander haben, kennen die Pädagogen. Nicole Stich nutzt die Fortbildung auch dazu, „um einen Kontakt zu haben, wie man mit der Industrie zusammenarbeiten kann“ – und um den Schülern zeigen zu können, was beruflich in der Branche möglich ist. Inge Buchner nimmt „neue Anregungen“ für ihre Waltroper Realschüler mit, die sie weiter motivieren möchte. Während Ingrid Kasten (57) vom Halterner Joseph-König-Gymnasium von Schülern erzählt, die der Chemie in der Regel sehr aufgeschlossen gegenüber stünden, meint Helmut Schmidt (60, Lessing-Realschule Gelsenkirchen): „Die Chemie ist nicht unbedingt immer so interessant für die Schüler.“ Er will heute gucken, welche Experimente mit recht wenig Aufwand durchgeführt werden können, um die Lust an Chemie zu wecken. Die Möglichkeiten der Berufswahl, die bei der Betriebserkundung zur Sprache kamen, fand Schmidt interessant. Er will demnächst mit einer Klasse eine Werksbesichtigung machen.