Vest.

30 Jahre ist es her, seit Aids am 1. Dezember 1981 als eigenständige Krankheit anerkannt wurde; 30 Jahre, in denen die Immunschwäche-Erkrankung dank der Entwicklung wirksamer Medikamente manches von ihrem Schrecken verloren hat – nicht zuletzt aufgrund der deutlich gestiegenen Lebenserwartung Betroffener. Ein Grund zur Entwarnung sei das gleichwohl nicht, betont Astrid Platzmann-Scholten, die Leiterin der Kreis-Beratungsstelle für Aids und weitere sexuell übertragbare Erkrankungen mit Sitz in Marl.

Zwar registriert Platzmann-Scholten erfreut, dass es laut Robert-Koch-Institut für das Jahr 2011 deutschlandweit eine leichte Abnahme der neu Infizierten (2250 Männer, 450 Frauen) gibt. Doch das, so die Fachärztin für Gynäkologie, „darf nicht zu leichtfertigem Verhalten und einer Vernachlässigung der Prävention führen“. Kondome schützen: Dieser Leitsatz zur Bekämpfung von HIV und Aids gilt vielmehr nach wie vor.

Genau diese Botschaft versuchen Platzmann-Scholten und ihr Team einer möglichst breiten Bevölkerungsschicht zu vermitteln: bei Aufklärungsveranstaltungen in Schulen des Kreises, durch „aufsuchende Arbeit“ und Beratungen von etwa Prostituierten. Und nicht zuletzt auch mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen rund um den alljährlichen Weltaidstag am 1. Dezember.

„Positiv zusammenleben – aber sicher!“ lautet dabei in diesem Jahr das Motto, das die Öffentlichkeit sensibilisieren will für zweierlei: für die Selbstverantwortung, die jede(r) einzelne hat, um sich und seine(n) Partner vor einer Ansteckung mit dem HI-Virus zu schützen. Und für Solidarität im Umgang mit HIV-Infizierten (von denen 68 Prozent, also 22,9 Millionen Betroffene, in der Region Sub-Sahara Afrika leben, allein 5,6 Millionen im Staat Südafrika).

Mit einem rotfarbenen Riesenkondom wollen Mitarbeiterinnen der Kreis-Beratungsstelle am Donnerstag, 1. Dezember, durch drei Innenstädte im Vest ziehen und über die Gefahren von Aids und HIV aufklären – einer der Schauplätze ist Recklinghausen (13 Uhr, Marktplatz). In der Kreisstadt findet ferner am Samstag, 3. Dezember, 18.15 Uhr, in der Gastkirche an der Heilig-Geist-Straße 7 ein Gottesdienst zum Weltaidstag statt, in der Sozialpädagogin Christine Laubinger u. a. über die Arbeit der Kreis-Beratungsstelle für Aids und weitere sexuell übertragbare Erkrankungen berichten wird.

Bei der Ende 2010 u. a. vom Robert-Koch-Institut in Auftrag gegebenen ersten „Europäischen Internetbefragung schwuler und bisexueller Männer“ (EMIS-Studie) zur Bewertung verschiedener Anlaufstellen, die zum Thema Aids beraten und HIV-Tests durchführen, hätten die Einrichtungen der Gesundheitsämter übrigens am besten abgeschnitten, merkt Platzmann-Scholten an – insbesondere in punkto „Testberatung“.

Dass die Kreis-Beratungsstelle in Marl dabei nicht nur in Sachen Aids und HIV Hilfe anbieten kann, sondern auch bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, hält die Gynäkologin dabei für besonders wichtig. Denn: Gerade die Zahl der Syphilis-Fälle hat sich deutschlandweit in den letzten zehn Jahren nahezu auf gut 3000 Fälle verdoppelt. „Und diese Erkrankung ist ein Türöffner für das HI-Virus.“

Sie zu bekämpfen, hilft also auch im Kampf gegen Aids.