Recklinghausen. . Mit einem Festakt eröffnet am Sonntag, 23. Oktober, das „neue“ Institut für Stadtgeschichte an der Hohenzollernstraße 12.

„Die besondere Noblesse“ des weiten Raumes ist augenfällig. Stadtarchivar Dr. Matthias Kordes meint zwar in erster Linie jene Aura, die mit der Einzigartigkeit jahrhundertealter Unikate verbindet. Das älteste zählt 845 Jahre. Doch „Noblesse“ beschreibt auch treffend den neuen „Look“ des einstigen Vestischen Museums.

Die früher von Stellwänden verbaute Raumflucht darf nun, mit dem Wort Dr. Kordes’, treffend „Belétage“ heißen: luftig, hell, transparent – und rund 420 Quadratmeter groß. Dies ist der Lesesaal für die Besucher des Stadtarchivs, zugleich Ausstellungsfläche – und rechts im Saal Arbeitsraum für die fünf Mitarbeiter des Stadtarchivars. „Das Farbkonzept in Weiß-Grau nimmt sich sehr zurück“, sagt Annette Sauer-Scholta. Die Architektin sorgte mit Blick aufs stimmige Detail auch für neues Mobiliar – mit frischen, grünen Akzenten in Gestalt der Stühle und der „Information“- Tafel. Die Leselampen tragen allerdings nicht jene flaschengrünen Glasschirme, wie man sie traditionell aus Bibliotheken kennt: Die Architektin wählte „die coole Variante“.

Ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit bleibt den Besuchern verborgen: die „konstruktive“ Aufrüstung des aus Bauteilen des 19. und Mitte 20. Jahrhunderts gefügten einstigen AOK-Hauses an der Hohenzollern­straße. Die Frage nach guter Bausubstanz beantwortet Sauer-Scholta mit einem klaren „Nein“. Neue Träger im Sockelgeschoss erlauben jetzt erst, die Belétage für gewichtige Regalmeter zu nutzen.

Apropos Regalmeter: Zu Zeiten des ersten semi-professionellen Stadtarchivars Heinrich Pennings, in den 1920ern, waren es 35 Regalmeter. „Heute haben wir 3,5 Regalkilometer“, so Dr. Kordes, „eine Vertausendfachung“. Die Mär vom papierlosen Büro kann der Stadtarchivar lässig ins Reich der Legenden verweisen: „Verwaltung produziert Papier – in steigender Menge.“

65 000 Akten bewahrt das Institut für Stadtgeschichte, als besonderen Schatz des 775-jährigen Recklinghausen zudem 6000 mittelalterliche und früh-neuzeitliche Urkunden. Ältestes Pergament ist die Gründungsurkunde des Klosters Flaesheim von 1166.

„Zu 99 Prozent Geschichts-Literatur“ enthält die Präsenz-Bibliothek gedruckter Bücher. Alles ist im Prinzip allen Besuchern zugänglich. „Wir legen Ihnen aber nicht die Stadterhebungsurkunde vom Februar 1236 auf den Kopierer.“ Das Pergament mit dem Siegel des Kölner Bischofs Heinrich I. von Müllenark ruht aber für alle sichtbar in einer der – ebenfalls aufgefrischten – Vitrinen.

Ein Muss für die Landesförderung der Arbeiten am Institut war der behindertengerechte Zugang – eine besondere Herausforderung in dem „mit Treppen verbauten Haus“, wie Dr. Kordes sagt.

„Neu- und Altbau sind in den Geschossen verschoben“, ergänzt die Architektin. Der bestehende Aufzugschacht ließ sich nicht auf Rollstuhl-gerechte Größe ausbauen. Annette Sauer-Scholta wählte den Zugang über die Rampe an der Haus-Rückseite: Die Treppe von dort zum Lesesaal überwindet ein Plattform-Lift.

Über der Belétage endet der Auftrag der Architektin. „Sukzessive“, so Dr. Kordes, folgt bis Ende 2012 das Konzept für Zwischen- und Obergeschoss mit dem Bestand des Vestischen Museums. 2014 will der Stadtarchivar – in Kooperation mit Kollegen aus der Partnerstadt Douai – eine Ausstellung zum 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs zeigen.