Marl. .
Wir lieben Batman, Spiderman, Superman, weil sie tapfer sind, weil sie losflitzen wie der Teufel, wenn andere in Not sind, weil sie Leben retten ohne nachzudenken. Und dann seufzt es vernehmlich aus der Realität: Ist ja alles Fiktion.
Wahre Helden leben nur auf dem Papier zerlesener Comic-Hefte. Das mag so scheinen, vielleicht, weil die Helden unseres Alltags dezenter gekleidet, bescheiden bis stillschweigend ihr Werk vollbringen. Doch es gibt sie, ohne Frage und Gott sei Dank.
Auch Dennis Freund trägt keine Fledermausmaske. Der 26-Jährige prahlt nicht gerne, im Gegenteil. Dass in Sandusky, Ohio ein junger Mann nur seinetwegen lebt, klingt aus Freunds Munde nach Selbstverständlichkeit. „Nicht so wild“, sagt er und grinst fast verlegen, „ich freue mich, dass es geklappt hat.“ Gemeint ist eine Stammzellentransplantation, die dem heute 28-jährigen Steve Westcott das Leben rettete.
Im Jahre 2005 erkrankt eine Mitarbeiterin der Infracor, wo Freund im Werkschutz arbeitet, an Leukämie. Wie viele andere Mitarbeiter lässt auch er sich typisieren, ein Treffer ist jedoch nicht dabei. „Danach ist das Ganze bei mir ein bisschen in Vergessenheit geraten bis ich 2009 einen Brief der DKMS im Postkasten hatte.“ Darin teilte die Deutsche Knochenmarkspenderdatei gemeinnützige Gesellschaft dem jungen Mann mit, dass seine Gewebemerkmale mit denen eines Erkrankten kompatibel sind. Auf die Frage, ob er lange überlegt habe sich der Behandlung zu stellen, blickt Freund verwirrt: „Nein warum? Mir war sofort klar, dass ich das mache.“ Er reiste nach Dresden zur Spende. Die angenehmere Variante aber, in der Blut vom einen Arm abgenommen wird, die Stammzellen herausgefiltert und das Blut dann am anderen Arm wieder eingeleitet wird, funktionierte nicht. Ihm musste Knochenmark operativ entnommen werden: „Am Anfang hat’s schon ziemlich weh getan, aber es ging ganz schnell wieder besser.“
Wem er mit dieser Prozedur die Hoffnung zurückgegeben hatte, wusste der junge Mann zunächst nicht. Ein Austausch der Daten und damit eine persönliche Kontaktaufnahme ist erst nach zwei Jahren erlaubt, wenn Spender und Empfänger dies wünschen. „Ich wusste nur, dass es eine männliche Person aus Amerika ist“, erinnert sich Freund.
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Dass die Person Steve heißt, fast im selben Alter, begeisterter Feuerwehrmann und Familienmensch ist, dass er nur drei Tage vor seiner Hochzeit die Diagnose Leukämie bekam, dass seine Highschool einen Spendenaufruf startete, weil Amerikaner die Kosten der Behandlung zu Teilen selbst tragen müssen – all dies erfuhr Dennis Freund erst später. Nachdem Steve ihm einen anonymen Brief über die DKMS zukommen ließ, indem er den Wunsch äußerte nach zwei Jahren Kontakt aufzunehmen. Freund, der zufällig den Namen des Patienten herausgefunden hatte, recherchierte im Internet, schrieb Emails, bekam Antwort, seitdem verbindet die beiden mehr als die gemeinsame Blutgruppe. Im Mai, anderthalb Jahre nach der Transplantation flog Freund mit seiner Freundin in die USA und besuchte Steve, der genau zu diesem Zeitpunkt erfuhr, dass sein Körper die Spenderzellen vollständig angenommen hat. Er wird leben. Und nächstes Jahr nach Deutschland kommen, um den Mann zu besuchen, der ihm nicht nur Retter, sondern ein Freund geworden. Blutsbrüder eben.