Marl. Geschmacklich dominieren beim Weinfest in Alt-Marl die bevorzugten Leckereien der südlichen Weinstraße
„Oooh“, „Aaaah“, „toll“ – die Menschen sind begeistert. Alt-Marl in Flammen, das hat Tradition im dörflich-idyllischen Stadtteil der Chemie- und Bergbaustadt. Das Feuerwerk ist eine Attraktion des mutmaßlich 17. Weinfests.
So ganz genau wusste es nämlich keiner, obwohl Winzerin Evi Autenrieth aus Landau-Impflingen von der Südlichen Weinstraße in der Pfalz zu den Gründungsmitgliedern gehört. „Thomas Hau von der Konditorei Tüshaus und Freunde von uns haben in Garmisch-Partenkirchen zusammen Konditor gelernt“, erinnert sie sich. „Und da haben wir etwa 1994 überlegt, zusammen ein Weinfest in Marl aufzuziehen.“ 21 Weinsorten sowie Sekt, Brände, Liköre und Naturfruchtsäfte hatte die Pfälzerin im Gepäck, allein vom den Weinsorten jeweils 36 Flaschen für den Ausschank und kleinen Verkauf.
Primär geht es den Winzern aber nicht um den direkten Verkauf, sondern darum, neue Kunden zu gewinnen und vorhandene Kontakte zu pflegen, wie Eberhard Wilhelm aus Maikammer berichtet. „Bei uns Kleinbetrieben ist das Chefsache: Direktberatung durch den Winzer, das gibt es sonst nirgendwo.“ Die Werbeaktion macht ihm Spaß.
Wilhelm ist zufrieden mit dem von der IG der Kaufleute und Gewerbetreibenden in Alt-Marl organisierten Weinfest. Schon der Freitagabend war ein Erfolg, der sommerliche Samstag sowieso. „Secco Rosé war der Renner am Abend, auch Grauburgunder, Sauvignon Blanc und beim Rotwein der Merlot“, berichtet er. Was unterscheidet seinen Wein denn von Discounter-Ware? „Das ist ein Qualitätsunterschied“, gibt Wilhelm freimütig Auskunft, „der im Weinberg beginnt: Wir entfernen Blätter, Reiztriebe und dünne Reben, es ist einfach Handarbeit für die Topweine.“
Auch Evi Autenrieth weiß, wie viel Arbeit ihr Wein macht. „22-mal muss man um einen Stock herumlaufen, bis der Wein im Fass ist.“ Und dann ist er noch nicht in der Flasche. Gelesen wird allerdings mit einem Traubenvollernter im Lohnbetrieb, die Maschine schaffe in einer Stunde, was früher zehn Mann an einem Tag vollbrachten.
Das Weinfest in Marl sei immer schön, am Freitag „floss der Grauburgunder in Strömen, wir haben Glück mit dem Wetter“, freut sich die Winzerin vom Familienweingut.
Drei Flaschen Rotwein und ebenso viele Dosen „Pfälzer Saumagen“ hat das Ehepaar Karla gerade mitgenommen. „Mit Sauerkraut schmeckt das“, schwärmen die beiden. „Was unser Altkanzler Kohl gern gegessen hat, lieben wir auch – und hier bekommt man es sonst nirgends“, erklären die Langenbochumer. Eine Landmetzgerei aus dem Nachbarort liefert Autenrieths die Dosenfleisch-Leckerei. Drei Flaschen Schwarzriesling nimmt der nächste Kunde mit, „die kommen in die Satteltasche von meinem Rad“. Gedeckt ist vor der Kirche St. Georg für 800 Gäste, so Autenrieht, „aber es waren mehr da“.
Auch beim Stand des Weinguts Jutta und Jörg Wingerter aus Maikammer gibt es neben vielen Weinen Brände und Liköre. Die liefern auch Erika und Klaus Nikkel mit ihrem Marler Weinvertrieb, der Pfalz und Mosel im Programm hat. „Dieser Nebenerwerb hat sich aus unserem Hobby und den Urlauben entwickelt“, erklärte Klaus Nikkel. In diesem Jahr seien die trockenen Spätlesen und Kabinetts mit Abstand am meisten gefragt. „Im letzten Jahr waren es genau umgekehrt fast nur liebliche“.