Recklinghausen. .
Am Donnerstag flimmerte Andrew Jennings über den Bildschirm. Wie in vielen anderen der 115 Karstädter-Häuser ließ der Unternehmens-Chef auch in Recklinghausen seine Botschaft verbreiten. Unter dem Motto „Karstadt 2015“ gab er eine vorläufige Bestandsgarantie für alle Standorte ab.
Konkretes ließ sich darüber hinaus aus der Rede nicht ziehen, die zunächst auf Managementebene zu sehen war, die dann Betriebsräte anschauten und schließlich allen Beschäftigten gezeigt werden soll. Ob und welche Zukunft Karstadt Recklinghausen hat, bleibt jedenfalls offen.
Peter Klingebiel, seit zehn Monaten als Nachfolger von Thomas Baule der Geschäftsführer des Hauses am Altstadtmarkt, verweist auf die Konzernzentrale, wo ausschließlich Auskünfte gegeben werden. Aber auch Konzernsprecher Dr. Stefan Hartwig hüllt sich in Schweigen. „Es gibt momentan viele interne Gespräche, Videobotschaften. Da möchten wir zu einzelnen Standorten nichts sagen, zumal es in der Arcandor-Zeit viele vollmundige Ankündigungen gegeben hat. Wir halten uns nur noch an Fakten.“
Und die sind derzeit noch allgemeiner Art. 22 Häuser werden bis Herbst umgestaltet und/oder neu eröffnet, weitere 60 sollen in den nächsten drei bis vier Jahren folgen. Darunter könnte Recklinghausen sein, schließlich ist es der einzig verbliebene Standort im bevölkerungsreichsten Kreis Deutschlands. Zudem müsste das Haus eigentlich gerüstet werden für die große Konkurrenz „Arcaden“. Aber Karstadt hüllt sich in Schweigen. Nur Christa Schubert sagt etwas. „Wir müssen gucken, wo wir bleiben und alle gemeinsam, Geschäftsführung, Betriebsrat und Mitarbeiter, für Recklinghausen kämpfen“, fordert die Betriebsrätin. Die Botschaft von Andrew Jennings hat sie zur Kenntnis genommen. Mehr auch nicht.
Rauszuhören sei aus ihr nichts gewesen, was einzelne Standorte betrifft. Sie weiß nur von der Standortgarantie bis 2015 und davon, dass es eine Beschäftigungsgarantie bis zum 31. August 2012 gibt. Mehr nicht. 145 Karstadt-Mitarbeiter gibt es momentan in Recklinghausen. Zusammen mit den Beschäftigten aus dem Lebensmittelbereich im Untergeschoss und anderen zum Teil selbstständigen Kräften sind etwa 200 Menschen im Haus beschäftigt.
Das ist nur ein Bruchteil gegenüber den blühenden Zeiten. „Als ich 1972 hier anfing, da gab es noch 1200 Mitarbeiter“, erinnert sich Christa Schubert, die in fünf Monaten ihre 40-jährige Betriebszugehörigkeit feiert und die seit 33 Jahren dem Betriebsrat angehört. „Wir hatten ein großes Lager an der Tiroler Straße, einen Fuhrpark und mehrere Gebäude am Ort.“ Jetzt ist nur noch eines geblieben.
Und das wird im Vergleich zu anderen Häusern eher stiefmütterlich behandelt. „Es tut sich schon was, gerade wird unsere Parfümerie umgestaltet“, freut sich Christa Schubert. Aber wenn sie sich umschaut im Karstadt-Land, sieht sie schmuckere Häuser. „Wir sind ja umzingelt von anderen. Essen ist neu, Duisburg ist neu, Bochum-Ruhrpark ist neu, Bottrop auch; dort ist es sehr schön geworden, muss ich sagen, und Münster ist sogar sagenhaft schön.“ Mittendrin wirkt Recklinghausen da fast schon eher verloren.
Aber die Betriebsrätin interpretiert Lage und Rolle eher wie die des trotzigen gallischen Dorfes von Asterix und Obelix: „Wir müssen kämpfen und gucken, dass wir weiter Gelder kriegen.“ Schon alleine, damit die jungen Leute im Haus eine Zukunft haben.
Kritik am Bürgermeister
Sie versteht die Ärmel hochzukrempeln. Selbst in den ganz schweren Zeiten, als Karstadt Recklinghausen die Schließung drohte, verlor Christa Schubert nicht den Mut. Auch jetzt nicht, da die Zukunft des Hauses immer noch unsicher ist und einer schier übergroßer Konkurrent am Horizont auftaucht: die Arcaden. Kein Grund zur Panik, denkt die Karstadt-Betriebsrätin. „Ich freue mich auf die Arcaden“, sagt sie. Aber sie wünscht sich auch gute Rahmenbedingungen für ihr Haus. Intern, durch Investitionen. Aber auch von außerhalb.
„Und da bin ich schon enttäuscht von unserem Bürgermeister Wolfgang Pantförder“, sagt die 58-jährige Betriebsrätin frank und frei. „Er hat im September 2010 versprochen, dass wir über ein Verkehrskonzept reden, um in der schwierigen Umbauphase am Löhrhof zu gewährleisten, dass die Leute noch zu uns finden. Schon jetzt ist die Innenstadt eine halbe Baustelle. Aber so oft ich auch im Rathaus anrufe, ich werde immer vertröstet. Andere Bürgermeister kümmern sich und kämpfen. Unser macht das leider nicht.“