Recklinghausen. . Während der Endproben für „Das Ding“ erfuhr Regisseur Jan Philipp Gloger von seiner Ernennung für Bayreuth
Mit dem Schauplatz eines „grünen Hügels“ und dem hehren Titel „Festspiele“ prunken beide Städte seit langem. Ganz aktuell gibt’s eine dritte Gemeinsamkeit zwischen Recklinghausen und Bayreuth: Jan Philipp Gloger, inszeniert für das Festival der Uraufführungen im Theaterzelt „Das Ding“ – und im kommenden Jahr an Richard Wagners Weihestätte den „Fliegenden Holländer“.
„Es ist eine große Ehre und ein großartiges Werk“, sagt strahlend der 29 Jahre junge gebürtige Hagener, entspannt vorm blumengeschmückten Portal des Theaterzelts. Erst am Tag zuvor hatte er ganz offiziell erfahren von seiner – „in Bayreuth muss man wohl Ernennung sagen“.
Jan Philipp Gloger leitet damit die zehnte Neuinszenierung des „Holländers“, 111 Jahre nach der Erstaufführung 1901. Christian Thielemann als Dirigent steht schon seit längerer Zeit fest. Er sei „in der Opernwelt ja ganz unbekannt“, meint der junge Regisseur – sagt aber auch: „Über die klassische Musik bin ich zur Kunst gekommen. Als Jugendlicher war das Klavier mein Lebensmittelpunkt.“
Das dürften die Premierengäste kaum vermuten, die heute die Uraufführung von Philip Löhles „Das Ding“ besuchen. Für die Koproduktion von Ruhrfestspielen und Deutschem Schauspielhaus Hamburg wählte Jan Philipp Gloger keine Klassik, auch nicht die Hausband aus St. Georg, sondern Popmusik vom Band – „auch zur Entspannung“. Schließlich ist anfangs der fast zwei Stunden noch rätselhaft, dass Philipp Löhle von zweierlei „Weltumsegelungen“ erzählt (noch eine Parallele zum unerlösten Holländer).
Das Globalisierungs-Drama eröffnet ein Dialog zwischen Portugals König Manoel und Magellan. Und dann darf man erstmal raten, was „Das Ding“ sein könnte. „Es beginnt sehr zersplittet“, bestätigt Regisseur Gloger. „Ich mag das Mosaikhafte des Textes sehr“ – der nämlich gar kein historisches Schauspiel ist, sondern flugs in der Gegenwart zwischen Kontinenten hin und her jettet – im Fokus als „Das Ding“ eine Baumwollkapsel.
„Wir gehen das als Erzähltheater an“, sagt Jan Philipp Gloger – schon weil das Zelt als Schauplatz zur Ökonomie der Mittel zwingt. „Didaktisch“ sei Philipp Löhles Text nur „im Sinne von erklärend – das finde ich nicht verkehrt“. Regisseur und Autor trafen sich schon während der Entstehungszeit – „als zwei Theater-Begeisterte“, wie Gloger erzählt. „Philipp schreibt wirklich fürs Theater.“
Als kommenden Mann des Musiktheaters hatte Ruhrfestspiel-Intendant Frank Hoffmann den 29-jährigen Gloger bereits im Januar angekündigt, als er das Programm „In die Zeit gefallen“ vorstellte. Dabei inszenierte der erst im Vorjahr mit „Le Nozze di Figaro“ seine erste Oper.
„Ich begreife mich als Texttheater-Regisseur“, sagt der künftige „Leitende“ am Staatstheater Mainz, einem Mehrsparten-Haus. Zusammen mit dem Engagement für Bayreuth (wo vor wenigen Wochen Wim Wenders noch vor seiner ersten Wagner-Regie abging) sei’s „ein deftiges Programm“.
Seit 2007 erst arbeitet Jan Philipp Gloger als Schauspiel-Regisseur, nach Studium der Theaterwissenschaft in Gießen und der Regie in Zürich. Die Kunst, ein vielschichtig- verspieltes Drama wie „Das Ding“ locker in einem Satz zu erzählen, gelingt ihm trefflich: „Die Welt vernetzt sich und wir werden uns immer fremder.“ Punkt. Seine Schauspieler warten schon vorm Theaterzelt.