Recklinghausen. .
Mit der bundesweiten Kampagne „Unterstützung, die ankommt“ wollen Deutschlands Jugendämter ab sofort und bis zum 8. Juli auf ihre Arbeit aufmerksam machen.
Beteiligt an der Vorbereitung der Kampagne war Volker Hülsmann, Fachbereichsleiter Kinder, Jugend, Familie in Recklinghausen. Mit dem 55-Jährigen hat WAZ-Redakteur Andreas Rorowski gesprochen.
Herr Hülsmann, was soll die Kampagne bewirken?
Volker Hülsmann: Die Jugendämter machen ja eine ganze Menge, aber über uns ist relativ wenig bekannt. Und wenn, darüber ärgern wir uns ja immer, dann ist im Tatort das Jugendamt irgendwo der Blödbommel. Entweder kommen wir zu früh, zu spät oder machen gar nichts. Einige Jugendamtsleiter haben sich überlegt, wie wir mal unsere Aktivitäten der Bevölkerung deutlicher machen können. Dass die Idee gut gewesen ist, zeigt eine aktuelle Forsa-Umfrage. 40 Prozent der Bevölkerung weiß nicht, welche Aufgaben Jugendämter haben.
Amt und Werbung? Das hört sich ungewöhnlich an.
Eigentlich ist das nicht ungewöhnlich. Tue Gutes und rede darüber. Gerade der Jugendbereich ist ja einer, der durch sein Agieren stark in der Öffentlichkeit steht. Viele wissen ja gar nicht was Jugendämter machen. Wir wollen unsere Arbeit zeigen wie sie ist. Wir sind die Berater und diejenigen, die den Lebensweg von Familien mitbegleiten.
Haben Recklinghausen und andere Städte die Kampagne nötig, weil vieles, was man über ein Jugendamt weiß, negativ besetzt ist?
Ich sage mal ganz selbstbewusst: Wir haben kein negatives Image. Diejenigen, die mit uns unzufrieden sind und die mal in der Presse auftauchen, das sind zwei Prozent der Bevölkerung. Auch denen lassen wir Hilfe zukommen. Dass das manchmal von diesen Personen nicht so gesehen wird, ist eine Sache. Aber wir haben einen eindeutigen Schutzauftrag. Wir sind dazu da, dass Kinder gesund und chancengleich heranwachsen. Und wenn wir merken als Behörde, da läuft etwas nicht, dann arbeiten wir ja nicht gegen Eltern, sondern für Kinder und für Eltern.
Auch interessant
Es gibt 240 Stellen in Ihren Fachbereich. Das hört sich üppig an.
Wir sind in den meisten Bereichen sehr gut ausgestattet. Wenn man es mit dem Sport vergleichen willen, dann spielt die Jugendhilfe in Recklinghausen sicherlich im oberen Tabellendrittel einer Verwaltung. Das ist auch wichtig und richtig. Denn wir mit unseren unterstützenden Angeboten tragen ja dazu bei, dass die Entwicklung von Kindern gelingen kann und sind mit in der Verantwortung, möglicherweise Folgekosten zu vermeiden. Wir finden in der Politik und in der Verwaltungsspitze immer offene Ohren. Ich fühle mich hier nicht allein gelassen.
Hat Recklinghausen besonderen Handlungsbedarf?
Recklinghausen ist da nicht anders als andere Städte. Problemfälle sind vielleicht zwei Prozent unserer Kunden. Eigenlob soll man nicht sagen. Aber ich weiß dass das Jugendamt Recklinghausen einen guten Ruf hat in der Jugendamt-Landschaft.
Debattiert wird seit langem über einen gravierenden Wandel. Danach müsse die Gesellschaft immer mehr Aufgaben übernehmen, die früher in der Familie bewältigt wurden. Ist das so?
Familie hat sich verändert, die Lebenswelten haben sich verändert. Früher gab es durch Großeltern oder Nachbarn eine stärkere familiären Vernetzung. Da wurde anders auf Kinder aufgepasst. Die Situation heute ist die, dass Kinder einen Grat der Selbstständigkeit immer früher erreichen müssen. Und die Frage ist, wie geht Familie damit um.