Recklinghausen. .

20 Bewerbungen, 20 Absagen: Keine gute Bilanz für Sibel Cambaz. Denn mit jeder Absage eines potenziellen Arbeitgebers steigt die Frustration und Unsicherheit schleicht sich ein.

Im Kreis Recklinghausen, Gladbeck ausgenommen, kamen zwischen Oktober 2010 und März dieses Jahres 3539 Bewerber auf 1917 Ausbildungsplätze. Also zwei Bewerber auf eine Stelle. Immer die unglückliche Nummer Zwei zu sein, soll für Sibel endlich ein Ende haben.

Die 20-Jährige nimmt Angebote von RE/init wahr, einem Verein, der durch Projekte der Arbeitslosigkeit in der Region entgegenwirken will. Dienstags besucht die Recklinghäuserin die Jugendwerkstatt Quellberg an der Amelandstraße und bekommt Tipps für Bewerbungen. Die liefern ihr – und über den Tag 100 anderen Berufseinsteigern – Beate Pfenningstorf, Berufsberaterin der Agentur für Arbeit in Recklinghausen, und Heino Streier, Redakteur der WDR-Lehrstellenaktion.

Dass in einem Bewerbungsschreiben auch Charakterzüge und Steckenpferde ihren Platz finden, war Sibel zum Beispiel neu. „Darauf gucken Unternehmen oft als erstes“, verrät ihr Heino Streier. Natürlich kommt es auf die Formulierungen an. Man sollte nicht ausplaudern wie kreativ man sein Moped frisiert hat – eher, dass man Freude daran hat, es zu reparieren.

Astrid Neese Foto: Dirk Bauer
Astrid Neese Foto: Dirk Bauer © WAZ

Sibel wünscht sich eine Ausbildung im Einzelhandel. Dass sie gern mit Freunden tanzt und sich in einer Musikschule anmelden will, können für Arbeitgeber wichtige Infos sein, zeugen sie doch von Kontaktfreude und Begeisterung für Musik. „Im Einzelhandel hatten wir im letzten Jahr einige Ausbildungsplätze offen“, ermutigt Streier die Hauptschulabsolventin. Einen höheren Abschluss will Sibel nicht machen „Dafür bin ich schon zu alt, ich will eine Ausbildungsstelle“, sagt sie. Die muss nicht einmal in Recklinghausen sein. „Jugendliche, die wissen, was von ihnen in einer Ausbildungsstelle gefordert wird, werden gute Chancen haben, eine Ausbildungsstelle zu erhalten, selbst wenn nicht alle Noten perfekt sind“, sagt Astrid Neese, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur.

Oft fehlt es an den nötigen Informationen. Dass es sich über Umwege auch ohne Abitur studieren lässt, ist vielen Schulabgängern nicht be­wusst. In den vergangenen Jahren hat sich die Ausbildungssituation etwas entspannt. Bundesweit stehen rund 14 Prozent mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung als im Vorjahr. Mit elf Prozent ist der Zuwachs im Vest etwas gesetzter. Da hat der demographische Wandel sein Gutes: Ungeborene Kinder buhlen nicht um Ausbildungsplätze.