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In der Untersuchung „Regionale Krisenfestigkeit“ des Pestel-Institut schneidet der Kreis Recklinghausen nur mittelmäßig ab. Er landete auf Platz 365 - bei 412 getesteten Kreise und Städten.

Der Kreis Recklinghausen: Industriell geprägt, so bevölkerungsreich wie kein zweiter in der ganzen Republik, mit einer Wirtschaftskraft versehen, die sich im bundesdeutschen Mittelfeld bewegt, und mit einer Arbeitslosigkeit gebeutelt, die im nationalen Vergleich über dem Durchschnitt liegt.

Nicht reich, nicht arm; sieht man einmal davon ab, dass die öffentliche Verschuldung aller Städte und des Kreises selbst mit 2,3 Milliarden Euro bedenklich hohe Ausmaße angenommen hat. Eine Region wie viele in der Republik. Aber eine, die schlecht gewappnet ist für Krisenzeiten. Das sagt das Pestel-Institut aus Hannover. In seiner Untersuchung „Regionale Krisenfestigkeit“ landet der Kreis Recklinghausen auf Platz 365 von 412 getesteten Kreisen und Städten. Ein Rang hinter dem Kreis Osterholz, einer vor Remscheid; deutlich hinter den Nachbarn Kreis Coesfeld (154), Kreis Borken (180), Dortmund (239); immerhin noch vor Bochum (376) und Dortmund (389); aber auf jeden Fall weit abgeschlagen von der Spitze, die Vorzeigeregionen wie der Sieger Heidelberg, der zweitplatzierte Kreis Konstanz oder Freiburg als Dritter einnehmen. „Die üblichen Verdächtigen“, nennt Matthias Günther vom Pestel-Institut die Vertreter auf den Spitzenplätzen. Sie würden auch in anderen Erhebungen vordere Plätze einnehmen.

Hinteres Mittelfeld und gefühlte Abstiegszone

Nicht so der hiesige Kreis, der einen Platz an der Grenze zwischen hinterem Mittelfeld und gefühlter Abstiegszone einnimmt. Ein Platz, der eigentlich die Alarmglocken laut anschlagen lassen sollte.

Beim Kreis selbst indes kann niemand etwas zum bescheidenen Abschneiden sagen. Zwar habe man von der Untersuchung gehört. „Aber wir haben keine Informationen und haben an der Untersuchung auch nicht teilgenommen“, sagt Kreis-Sprecherin Svenja Küchmeister.

Tatsächlich basiert die Analyse nicht auf in den Kreisen und Städten direkt erhobenen Daten. „Wir haben uns an öffentlich zugängliche Zahlen gehalten wie die aus dem Statistischen Bundesamt oder dem Bundesamt für Raumordnung“, sagt Matthias Günther. Und sie haben herausgefunden, dass der Kreis Recklinghausen zwar in fünf der 18 untersuchten Kategorien Spitzenwerte aufweist, aber in vier nur mittelmäßig und in neun schlecht abschneidet. Unterm Strich steht die Erkenntnis: Die Region ist für echte Krisen nicht gewappnet.

Zweifel an der Untersuchung

Wobei Zweifel an der Untersuchung angemeldet werden dürfen. Ein hoher Grad an industriellen Arbeitsplätzen (Anfälligkeit bei globalen Krisen) ist ebenso strittig wie die Aussage, nur Regionen mit möglichst großer landwirtschaftlicher Fläche seien gut vorbereitet: Dort könnten Lebensmittel selbst angebaut und der große Raum für alternative Energiegewinnung genutzt werden. Zweifel an seiner Studie hört Diplom-Ökonom und Mitautor Matthias Günther wohl nicht zum ersten Mal. „Wir stehen auch nicht auf dem Standpunkt, die endgültige Untersuchung zur Krisenfestigkeit von Regionen erstellt zu haben. Aber es wäre schon ein Erfolg, wenn wir die Regionen dafür sensibilisieren könnten, über einige Fragen nachzudenken.“

Dabei habe das Pestel-Institut nicht ausschließlich ökonomische Kriterien, wie sie etwa bei der Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) herangezogen werden, berücksichtigt. Günther: „Wir stehen in der Tradition des Club of Rome, den unser Unternehmensgründer mit gegründet hat, und wollten ein Ranking erstellen, das sich nicht nur an ökonomischen Kriterien orientiert.“

Nur fünf Spitzenwerte

So hat der Kreis in den 18 Kategorien abgeschnitten:
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ist er in den folgenden fünf Bereichen: Mieterquote, Wohnfläche je Einwohner, Verkehrsfläche je Einwohner, Pkw-Zahlen (möglichst gering); Industriebeschäftigte (möglichst gering).
Mittelmäßige Werte gibt es für: Abgänger ohne Hauptschulabschluss, Wanderungssaldo Wohnen, Windkraftleistung je Einwohner, Solarbundesliga.
Schwach ist er in den folgenden neun Bereichen: Bezieher von Grundsicherung, Hausärzteversorgung, Fahrzeugkilometer im öffentlichen Personennahverkehr je Einwohner, Flächennutzung, Ökolandbau, Waldfläche je Einwohner, Biogasleistung je Einwohner, Beschäftigte vor Ort sowie bei den kommunalen Schulden je Einwohner.