Herten. .

Der Autofahrer und die Politesse – zwei, das liegt wahrscheinlich in der Natur der Sache, die wohl nie Freunde fürs Leben werden. Dass Autofahrer knurrig sind, weil sie sich ein „Knöllchen“ eingefangen haben oder mal abgeschleppt wurden, kann man im Grundsatz verstehen. Und dass es Politessen ärgert, wenn sie belehrt, beschimpft oder sogar beleidigt werden, ebenso. Was viele auch im Hertener Ordnungsamt aber geradezu entsetzt hat, ist ein brutaler Angriff, der sich vor zwei Wochen im benachbarten Castrop-Rauxel zutrug.

Was war passiert? Vor einem großen Kaufhaus hatte eine Politesse, übrigens eine zierliche Person, einen Wagen überprüft, der auf einem der Behindertenparkplätze stand. Als die Frau die Fahrzeughalterin ansprechen wollte, die plötzlich auftauchte, wurde sie von deren Begleiter ohne Vorwarnung brutal angegriffen. Mit einem Kopfstoß brach der Mann der Politesse die Nase und zerrte sie an den Haaren zu Boden. Zum Glück schritten zwei couragierte Passanten ein und verhinderten, dass der Mann auf sein wehrlos am Boden liegendes Opfer eintreten konnte.

Eine Untersuchung im Krankenhaus ergab einen Nasenbeinbruch und eine Verletzung am Fußgelenk, gegen den Täter wurde umgehend eine Strafanzeige wegen Körperverletzung erstattet.

Ein Vorfall, der auch dem Hertener Ordnungsamtsleiter Bernhard Bösing und seinen Mitarbeitern spürbar an die Nieren ging. Seit über 20 Jahren arbeitet der 57-Jährige beim Ordnungsamt, das er seit 2005 auch leitet. „Einen derart brutalen Vorfall aber habe ich noch nicht erlebt.“

Sieben Frauen und ein Mann, die sich aktuell in Bösings Abteilung um den ruhenden und den fließenden Verkehr kümmern, was übersetzt bedeutet, dass sie „Knöllchen“ schreiben. Die meisten davon Halbtagskräfte, die im normalen Tagesdienst unterwegs sind – alleine. Das in erster Linie laut Bösing aber nicht, um das Stadtsäckel aufzufüllen. „Zunächst einmal geht es bei der Tätigkeit der Kollegen um die Verkehrssicherheit.“ Falschparker, Verkehrsbehinderer, zugestellte Rettungswege – das sei es, worauf die Mitarbeiter ein besonderes Auge hätten.

Unverständnis, Pöbeleien, Beschimpfungen – all das gehört für Bösings Mitarbeiter zum oft traurigen Tagesgeschäft. „Häufig aber gibt es auch Beleidigungen, die deutlich unter die Gürtellinie gehen“, weiß der Ordnungsamtsleiter. Und genau da würden seine Leute dann kein Pardon mehr kennen. „Jede Beleidigung zieht auch eine Strafanzeige nach sich.“

Gleichwohl rät Bösing seinen Mitarbeitern im Zweifel zur Defensive. Obschon regelmäßig Deeskalation und Anti-Aggression angeboten und geschult werden, könne man nie wirklich sicher sein. „Im Zweifel lieber aufs Knöllchen verzichten und die Beine in die Hand nehmen“, so der Chef, hat aber bisher noch nicht daran gedacht, den Dienst zu verändern. Während in Castrop-Rauxel neuerdings zwei Kollegen zusammen unterwegs sind, bleibt es in Herten bei den „Alleingängen“. Ausgenommen Sonderveranstaltungen. „Dann sind die Kollegen schon mal mit der Polizei oder dem Kommunalen Ordnungsdienst unterwegs.“