Waltrop.

Eigentlich sollte es ein schöner Urlaub in Tunesien werden, doch Revolution und Bürgerkrieg bereiteten dem ein jähes Ende. Noch sind Hans Schlegels Koffer nicht wieder vollständig ausgepackt und die lange Reise sitzt ihm noch in den Knochen. Wenn der Frührentner jetzt die Fernsehbilder aus dem nordafrikanischen Land sieht, ist er froh, wieder in der Heimat angekommen zu sein.

Dem kalten und dunklen Winter in Deutschland wollte er für ein paar Wochen entfliehen und hatte sich für den tunesischen Urlaubsort Sousse am Mittelmeer entschieden. Am 4. Januar stieg er in den Flieger gen Süden und genoss die erste Woche voll und ganz. „Am ersten Samstag haben wir noch einen Ausflug nach Karthago und in die Hauptstadt Tunis mitgemacht“, erzählt er. Da sei von explosiver Stimmung noch nichts zu spüren gewesen. „Wir kauften auf eigene Faust auf dem Basar im dichten Menschen-Gedränge ein.“

Am Sonntag gab es im deutschen Fernsehen, das auch im Hotel empfangen werden konnte, eine kleine Meldung: In Tunesien soll es zu Unruhen gekommen sein. An Schlegels Urlaubsort Sousse rund 150 Kilometer von der Hauptstadt entfernt blieb es erst einmal recht ruhig. „Man hat über das ZDF mehr erfahren als direkt im Hotel“, so der pensionierte Kaufmann. Doch dann: „Die Gerüchteküche kochte bei den ersten Meldungen auf Hochtouren.“

Deutlichtes Krisenzeichen für die Hotel-Gäste war das Ende eines Supermarktes in der Nachbarschaft „Es hat wohl eine Plünderung im Discounter gegeben und dann ging er in Flammen auf“, berichtet Hans Schlegel. Auch das hätten viele noch nicht als Bedrohung empfunden. Im Hotel fühlte sich der Waltrop eigentlich sicher und versuchte, die Tage unter der Sonne Afrikas zu genießen.

Mitte vergangener Woche änderte sich die Lage: Militär und Polizei fuhren in den Straßen rund um das Hotel Patrouille, um die Ausgangssperren zu kontrollieren. „In der Nacht habe ich vom Balkon in der Ferne Schüsse gehört und das Fernsehen berichtete von Toten im Stadtzentrum“, erzählt der Waltroper, der sich trotzdem nicht sonderlich bedroht gefühlt habe. Am Wochenende gab es auch für die Deutschen eine Hiobsbotschaft, die Hans Schlegel Schwarz auf Weiß in den Händen hält: Sein Kölner Reiseveranstalter hatte den Vertrag mit allen Kunden gekündigt. Wer noch im Land bleiben wolle, müsse die Rückreise selbst bezahlen, da der Veranstalter keine Verantwortung mehr übernahm.

Dann sei alles sehr schnell gegangen. „Um 10 Uhr sagte der Reiseleiter uns, dass wir um 11 Uhr abreisen.“ Also hieß es Koffer packen und auf den Bus nach Monastir warten. Auf dem Weg dorthin sah Schlegel Verwüstungen, ausgebrannte Gewerbebetriebe und Tankstellen. „Und an jeder Ecke stand das Militär.“ Doch der Flughafen der Stadt am Golf von Hammamet war voller Europäer, die nach Hause wollten. An geordnetes Schlangestehen an den Schaltern war nicht mehr zu denken. Mit einer der letzten Gruppen sollte der Waltroper fliegen. Zunächst mussten die Deutschen aber noch eine Nacht im Hotel in Monastir verbringen. „Wir haben am Abend zusammengesessen und die Stimmung war eigentlich eher entspannt“, erzählt Hans Schlegel.

Sonntag endete sein aufregender Urlaub in Düsseldorf. „Angst habe ich nie wirklich gehabt“, sagt der Waltroper. Aber zu bleiben, das wäre für ihn undenkbar gewesen. Die größten Sorgen macht sich der Pensionär um die Hotelmitarbeiter, die wohl so oder so ihre Jobs verlieren würden.