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Gute Auszubildende sind echte Raritäten: Elektroinstallateur Hans-Theo Schröer mutmaßt über einen möglichen kommenden Fachkräftemangel. Auch hier im Vest.
Seit einem halben Jahr sucht Hans-Theo Schröer nach einem Elektroinstallateur für den Kundendienst. Ein hoch qualifizierter Allrounder soll es sein. Doch der Arbeitsmarkt ist „wie mit dem Feinbesen gekehrt“, sagt der Waltroper. Geeignete Lehrlinge zu bekommen, wird auch immer schwieriger. Der Fachkräftemangel ist da.
„1980 ist man mit einer guten mittleren Reife als Elektroinstallateur gerade eben genommen worden“, sagt der Chef der Firma Breickmann. Seitdem sind die Anforderungen an Beruf und Lehrlinge um ein Vielfaches komplexer geworden. „Sie können nicht mehr nur Leisten an die Wand nageln und Steckdosen verlegen“, meint der 46-jährige Elektromeister. Das moderne Haus verfügt über eine durch den Europäischen Installationsbus (EIB) gesteuerte Heizung, die je nach Uhrzeit in den einzelnen Räumen die Temperatur anpasst, die Rollladen ausfährt, das Licht dimmt oder die Bilder der hauseigenen Überwachungskamera auf das Handy übermittelt, während sich der Hauseigentümer am Strand einer Südsee-Insel in der Sonne aalt.
Das alles muss programmiert werden und macht den Computer zu einem wichtigen Werkzeug. „In der Gesellenprüfung wird mittlerweile eine Bedienungsanleitung vom Englischen ins Deutsche übersetzt“, weiß der Lehrlingswart und stellvertretende Innungs-Obermeister der Kreishandwerkerschaft. Gute Noten in Mathe und Physik werden eh vorausgesetzt. Heißt: Einen Realschulabschluss mit „Quali“ sollte der Bewerber schon haben, Ausnahmen bestätigen die Regel.
Bis jetzt habe er immer genügend Lehrlinge gefunden. Doch der demografische Wandel macht sich bemerkbar und das Interesse am Handwerk habe abgenommen. „Viele Jugendliche besuchen lieber ein Berufskolleg, wenn sie keinen Platz in ihrem Wunschberuf kriegen“, weiß Schröer. Auf eine Art sei das eine gewisse Konkurrenz. Anschließend sind die dann drei Jahre älteren Kollegabsolventen nicht immer gern gesehene Bewerber, weiß Innungs-Obermeister Hans-Walter Bugzel: „Der 19- oder 20-Jährige hat sich an ein anderes Leben als das eines Lehrlings gewöhnt.“ Sie seien nicht mehr so gelehrig wie jüngere Bewerber, die derzeit mit einer Imagekampagne für eine Lehre begeistert werden sollen, und würden häufiger Widerworte geben.
Dabei sieht Hans-Theo Schröer, der selbst heutige Ingenieure und Oberstudienräte ausgebildet hat, das Handwerk als Fundament für verschiedene Karrierewege: „Wer heute eine Ausbildung macht und sich fortbildet, ist in ein paar Jahren eine gefragte Fachkraft.“
Da diese zum Teil heiß umworbene Mangelware sind oder es noch werden, wird das Prinzip „Angebot und Nachfrage“ den Arbeitsmarkt bestimmen, meint Schröer. Die Löhne für hoch qualifizierte Facharbeiter steigen und somit auch die Preise fürs Handwerk. Der Kunde wird sich wegen des Auftragsstaus aber auch an längere Wartezeiten gewöhnen müssen.