Marl. .

Er widmete sich den Kinzigschlössern und den prächtigen Parkanlagen des Reviers, den Burgen an der Emscher und der Stadt der Ruhrfestspiele. Jetzt rührt der Chemiker, Hobbycellist und Buchautor Dr. Klaus Gorzny kräftig in den Kochtöpfen.

Der 75-jährige Marler stellt in seinem aktuellen Band „Die neue Küche im Ruhrgebiet“ vor. Eine kulturhistorische Betrachtung mit vielen Rezepten.

Sein Motto: Es ist noch Suppe da. Der passionierte Koch, das perfekte Gegenteil eines Suppenkaspars, liebt die Flüssignahrung aus Wasser, Wein, unterschiedlichsten Ingredienzien und vor allem vielen Gewürzen heiß und innig.

„Ich koche für mein Leben gern“, sagt Gorzny, und das schon Zeit seines Lebens. Auch seines Berufslebens: „Als Chemiker habe ich in der Forschung praktisch jeden Tag gekocht, und zwar mit Benzol, Toluol und sonstigen Lösemitteln.“ Nicht nur erfolgreich, wie er heute im Rückblick sagt: „Das gelang nicht immer, anders als das Kochen von Suppen.“ Die wichtigste Kunst dabei: „Das richtige Würzen.“

Darum bemüht sich Hobbykoch Gorzny gerade bei der Mengenangabe um große Präzision: „Denn was heißt schon eine Messerspitze?“

Suppen, die andere auslöffeln müssen, die zaubert er nun schon seit Jahren vor allem für Freunde auf den Tisch. Und die übernahmen jetzt auch gerne die Rolle der Vorkoster, bevor die 45 Rezepte ins Buch gelangten: „Ich habe jedes einzelne mehrfach ausprobiert.“ Probieren geht eben über Studieren.

Wobei: Die Geschichte der köstlichen Kompositionen zum Löffeln hat der Autor schon genauer unter die Lupe genommen. Und vermittelt sie nun launig seinen Lesern. Erinnert an die Geburtsstunde der Suppe, die vermutlich da schlug, als den Menschen das Brennen von Ton und Lehm gelang. Und als niemand den Löffel abgab, sondern ihn gerade erst mal erfand.

Die westfälische Suppenküche beschreibt der Autor als bäuerliche Küche, wie sie die ältere Generation noch kennengelernt habe. Eine Küche, dominiert von deftigen Eintöpfen mit allen Zutaten, die das Feld so hergab, mit Steckrüben, Stielmus, Sellerie und Kohl. „Omas Küche schmeckt auch heute noch.“

In den Fünfzigern aber brachten Zuwanderer neue Rezepte in den Pott ein, außerdem wuchs der Tourismus, und die Menschen kochten die Rezepte aus Bella Italia nach. Es etablierten sich Balkangrills und Pizzerien, gefolgt von „Chinesen, Türken und Griechen“. Es herrscht Multikulti im Kochtopf, und selbst die Molekulargastronomie hat inzwischen Einzug gehalten.

Eingebettet in die Kulturgeschichte der Suppe enthält der Band Rezepte, die nach Einschätzung des Autors jeder nachkochen kann: „Ich koche auch nur mit Wasser.“ Außerdem bekomme man jede Zutat problemlos in Marl.

Der Chemiker schlägt allerdings auch beim Kochen durch. So bietet Gorzny einen Abstecher in die Chemie der Gewürze an und seziert auf einer ganzen Seite ihre chemischen Formeln, „weil die Formeln der wohlriechenden und wohlschmeckenden Verbindungen ihre eigene, grafische Ästhetik haben“.

Eine weitere Zutat des neuen Buches: Zu jedem Rezept serviert der Autor auch noch Informationen über eine der Ingredienzien, zum Beispiel über den Fenchel, die Kichererbse oder das Zitronengras.

Wer sich eine Suppe einbrocken möchte, die er später dann auch auslöffeln muss: Das Buch erscheint heute im Piccolo-Verlag und kostet 12,80 Euro. www.piccolo-verlag.de. ISBN: 978-3-9811104-5-6