Recklinghausen. .

Etliche hundert Schüler aus dem Vest haben sich über Monate mit einem Thema beschäftigt, das den meisten von ihnen bis dahin völlig fern lag: Armut. Ihre Empfindungen haben sie in außergewöhnlichen Kunstprojekten zum Ausdruck gebracht.

Armut, das ist viel mehr, als nur kein Geld zu haben. „Wer von anderen ausgegrenzt wird, kann arm sein. Aber auch derjenige, der andere ausgrenzt“, sagt Alexander Johnsdorf. Er ist Schüler am Josef-König-Gymnasium in Haltern und hat mit einer Gruppe in der Jahrgangsstufe 10 das Werk „Arme an die Wand“ gestaltet: Schuhkartons bilden eine Mauer, hinter ihren Deckeln stecken Dimensionen der Armut: Monotonie, Einsamkeit, soziale Kälte, verweigerte Bildung, eine lebensfeindliche Umgebung.

Zu sehen ist die „Wand“ bis zum 17. November in der Sparkasse Vest am Königswall 33. Parallel zur Ausstellung „Kunst trotz(t) Armut“ im Vestischen Museum werden hier 34 Schülerarbeiten gezeigt, die in einem begleitenden Wettbewerb von Evangelischer Kirche, Diakonie und Sparkasse entstanden sind.

Zur Eröffnung wurden die eindrucksvollsten Beiträge mit Preisen gewürdigt. Bei den Grundschulen gewannen die Clemens-Hoppe-Schule (Oer-Erkenschwick), die Friedrich-Ludwig-Jahn-Schule (RE) und die Martini-Schule (Herten); in der Sekundarstufe 1 das Willy-Brandt-Gymnasium (Oer-Erk.), das Josef-König-Gymnasium (Haltern) und die Friedrich-Ludwig-Jahn-Schule; in der Sekundarstufe II das Herwig-Blankertz-Berufskolleg (RE), die Schule für Kranke (Marl) und das Josef-König-Gymnasium.

Einige Schüler nahmen den Auftrag ganz praktisch. So sammelten acht Jahn-Schüler in Recklinghausen weggeworfene Flaschen, gaben sie ab und gönnten sich für das Leergutpfand in Höhe von 6,25 Euro leckere Erdbeeren mit Quark. „Aber vor allem veränderte sich ihr Verhältnis zu Menschen, die ihren Lebensunterhalt als Flaschensammler aufbessern müssen; der doppeldeutige Titel des daraus entstandenen Kunstwerks lautet „Mensch, ich Flasche“. Die Kinder und Jugendlichen haben sich beim Umgang mit der Armut naturgemäß in erster Linie emotional berühren lassen. Aufmerksamkeit und Spendenbereitschaft zu wecken, gehört zweifellos zu den Zielen der laufenden Ausstellungen und ihres Begleitprogramms. „Doch es geht auch darum, den Blick auf die Politik und ihren Umgang mit der wachsenden Kluft in unserer Gesellschaft zu richten, die Strukturen zu benennen, die einige immer reicher und viele immer ärmer machen“, erläutert Pfarrerin Silke Niemeyer von der Evangelischen Altstadtgemeinde.

Sie mutet ihrer eigenen Gemeinde diesen intensiven Umgang mit dem Thema „Armut“ zu. Und auch der Öffentlichkeit in Stadt und Region. Niemeyer wünscht sich, dass nicht nur „die üblichen Verdächtigen“ aus Kirche und Sozialbereich sich von den Veranstaltungen ansprechen lassen.

Bekannte Namen helfen vielleicht dabei. Der Regisseur Pagonis Pagonakis zum Beispiel, der gemeinsam mit Günter Wallraff dessen Sozialreportagen verfilmt hat; er wird am 3. November in Recklinghausen erwartet. Oder der renommierte Journalist Prof. Dr. Heribert Prantl, der am 13. November über „Die unteren Zehntausend“ sprechen wird.

Die nächsten Termine: Am heutigen Mittwoch öffnen drei Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe von 10-16 Uhr ihre Türen für Interessierte.
Das Menschensinfonieorchester Köln spielt am Donnerstag, 7. Oktober, um 20 Uhr in der Christuskirche.
Ein Gottesdienst mit Künstlergespräch findet am Sonntag, 10. Oktober, um 11.15 Uhr in der Gustav-Adolf-Kirche statt.
Das Thema „Obdachloser Christus“ steht im Mittelpunkt der Gottesdienste am Sonntag, 24. Oktober, um 10 Uhr in der Christuskirche, um 11.15 Uhr in der Gustav-Adolf-Kirche.
Vortrag: „Es sollte keine Armen unter euch geben“am 26. Okt., 19 Uhr, Haus des Kirchenkreises, Limperstraße 15.