Oer-Erkenschwick. .

Eine Stadt will schlanker werden. Heinz Funke auch. Der 63-Jährige kämpft schon seit 20 Jahren mit seinem Gewicht. Nun soll es die Telemedizin richten. Zwölf Monate lang wird er nach einem vorgegebenen Plan Essen und Trinken.

Am Samstag stellten die Stadt Oer-Erkenschwick und das Institut für angewandte Telemedizin (IFAT) aus Bad Oeynhausen in der Stadthalle den knapp 100 Teilnehmern ihren Fahrplan fürs Abnehmen vor. Funke ist einer von ihnen. Wöchentlich gibt er nun seine Gewichtsdaten an das Institut weiter. Von dort aus bekommt er – wenn nichts Außergewöhnliches vorliegt - alle 14 Tage telefonische Hinweise, Tipps und Aufgaben gestellt. Daneben werden in Abständen Blutdruck und Blut kontrolliert.

Heinz Funke wiegt 93 Kilogramm - „es waren auch schon mal 100“ - und ist damit dick. Er ist aber mit seinem Problem nicht allein. 61 Prozent der Männer in Nordrhein Westfalen, dies belegt die aktuelle Studie des Landesamt für Statistik, sind Schwergewichte. Bei den Frauen sind es 51 Prozent. Im Kreis Recklinghausen ist demnach mehr als jeder zweite übergewichtig. 58,3 Prozent der Bevölkerung sind dick. Damit liegt der Kreis an Platz 15 der über 100 untersuchten Gebiete. Mit Werten von weit über 60 Prozent liegt Herne vorn.

Das Leid mit dem JoJo-Effekt

Gemeinsam mit etwa 100 Mitstreitern aus Oer-Erkenschwick (75), Datteln, Waltrop und Haltern am See sowie Herne will Funke daran was ändern. An Initiative seinerseits hat es bisher nicht gemangelt. Beim Programm der Apotheken „Leichter leben“ hat er schon mitgemacht. Geholfen habe dies aber nicht nachhaltig. So mühsam die Pfunde flossen, um so schneller waren sie am Ende wieder da. „Das Gewicht zu halten, das ist das Problem“, sagt der 63-Jährige. Am liebsten hätte er einen Chip im Körper, der ihm ständig daran erinnert. „Das darfst du nicht“.

Den hat das IFAT auch nicht. Dafür aber die von den Hausärzten festgestellten Werte der Teilnehmer und einen darauf abgestimmten Essensplan. Zwölf Monate lang werden die Kandidaten danach leben und essen. Funke gab sich am Samstag noch etwas skeptisch. Auf 83 Kilogramm möchte er runter. Dass er dies schafft, daran glaubt er fest. Ob es auch so bleibt, da setzt er auf die Telemedizin.

Die hat, so PD Dr. Heinrich Körtke, Leiter des IFAT, schon etwas vorzuweisen. Bei einer früheren Studie seines Instituts mit 200 Teilnehmern haben es fast alle geschafft, die bis zum Ende der Zeit betreut wurden, ihr Gewicht zu halten.

Für die Stadt ist die Aktion auch ein Werben als Standort Gesundheitswirtschaft. Für rund zehn Millionen Euro ist auf der Zechenbrache in der Innenstadt der Bau eines Adipositas-Zentrums mit 60 Betten geplant.

Einen Investor gibt es mit dem finnischen Unternehmen Nutrinet bereits. Was fehlt, sind Zusagen der Krankenkassen. Da könnte sich die Telemedizin, die im Gesundheitszentrum ebenfalls tätig werden will, als preisgünstige Behandlungsalternative her­ausstellen.

Als besonderen Anreiz für die Teilnehmer wird im Rathauseingang in Kürze eine Infotafel mit dem Gesamtgewicht zu sehen sein. Die wird je nach Gewichtslage aktualisiert, damit alle ein Jahr lang verfolgen können, wie eine Stadt schlanker wird.