Marl. .

Jörg Börjesson war Amateur-Bodybuilder und hat eine traurige Doping-Karriere hinter sich. Irgendwann wuchsen ihm sogar Brüste. Inzwischer besucht er Schulen und warnt den Nachwuchs vor dem Missbrauch der illegalen und gefährlichen Substanzen.

Doping gibt es nur im Spitzensport, bei der Tour de France, den Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen - das ist laut Jörg Börjesson ein weit verbreiteter Irrglaube. Der ehemalige Amateur-Bodybuilder und Anabolika-Konsument bezeichnet sich heute als „Deutschlands einzigen Anti-Doping-Aktivisten” und hat sich mit seiner Initiative „Doping-frei” dem Kampf gegen die illegalen Mittel verschrieben. „Doping hat längst im Freizeit- und Breitensport Einzug gehalten und leider wird dagegen praktisch nichts getan”, kritisiert er.

Die ersten Pillen gab es in der Umkleide des Fitness-Studios

„Im Internet kann man vieles leicht bestellen”, klagt er. Ihm kommt es auf die Prävention an, seit Jahren erzählt er dehalb in Schulen seine Geschichte. Etwa in der Willy-Brandt-Gesamtschule in Marl. Wo Schüler aus zwei Sport-Leistungskursen in Stuhlreihen vor ihm sitzen. Es herrscht gespannte Stille. Seine Erzählung beginnt er mit einer Kindheitsgeschichte: Er war im Fußballverein, musste aber wegen Asthma austreten. So kam er mit 19 Jahren ins erste Fitnessstudio des Dorfes.

„Nach einem Jahr Training sah ich so aus”, sagt er und zeigt ein großes, auf Pappe geklebtes Foto, das einen braun gebrannten, athletischen und breit grinsenden 19-Jährigen zeigt. „Was meint ihr, sind das genug Muskeln? Oder ein bisschen wenig?” Die Schüler nicken anerkennend, sagen „Nee, völlig in Ordnung!” oder „Boah, nicht schlecht!” Er stellt das Foto beiseite und fährt fort: „Ich hätte wohl zufrieden sein können, aber ich war es nicht. Eines Tages holte mein damaliges Idol in der Umkleide ein paar kleine Pillen heraus. Ich dachte mir nichts dabei, er war ja kein Straßendealer. Ich nahm sie und sah bald den vermeintlichen Erfolg.”

Nur noch Milchshakes mit Haferflocken

Wieder zeigt er ein Foto von sich, nur mit ernsterer Miene und deutlich mehr Muskeln. „So ging es weiter, ich nahm die Tabletten und ernährte mich nicht mehr normal, trank nur noch Milchshakes mit Haferflocken und Quark”, fährt er fort . „Eines Morgens wurde mir davon so schlecht, dass ich mich übergeben musste. Und da stand ich nun in der dreckigen Küche, mit all meinen Muskeln, und fragte mich auf einmal, was da eigentlich los ist.” Die Nebenwirkungen, die ihm anfangs nicht bekannt waren, holten ihn schließlich ein: durch die Hormone wuchsen ihm weibliche Brüste, die wegen Brustkrebsverdacht entfernt werden mussten.

Die Schüler sind interessiert, stellen viele Fragen. Besonders wichtig für sie: „Haben Sie das auch für Erfolg bei Frauen gemacht? Und hatte Ihr Aussehen dann Auswirkungen darauf?”

Schüler wollen die Gründe verstehen

Die Antwort ernüchtert: „Vielleicht gefällt man manchen Frauen auf den ersten Blick, aber niemand möchte mit jemandem zusammen leben, der immer mit der Quarkdose rumrennt und nur ans nächste Training denkt.” Ernst fügt er hinzu: „Und mit der Arbeit ist das auch schlecht, da findet man höchstens was auf dem Bau.” Ein Schüler bohrt nach, will die Gründe verstehen: „Aber warum konnten Sie nicht zufrieden sein?” Jörg Börjesson zögert und sagt schließlich: „Ich weiß nicht. Ich denke, ich wollte immer noch besser sein und habe dabei nicht gemerkt, wie unglaublich ich übertrieben habe.”

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