Marl. Marl nicht so stark von der Wirtschaftskrise betroffen. 72 Prozent der Chemischen Industrie in Westfalen erwartet für das erste Halbjahr 2010 verbesserte Geschäfte.

Verhaltener Optimismus, aber es gibt noch dunkle Wolken. So sehen die westfälischen Arbeitgeber die Lage der Chemie-Branche zwei Wochen vor den Tarifverhandlungen.

Die Talsohle sei offenbar durchschritten, 72 Prozent der Chemischen Industrie in Westfalen erwartet für das erste Halbjahr 2010 verbesserte Geschäfte. So stellte gestern der Verhandlungsführer des Arbeitgeberverbandes, Willibrord Lampen, vor den Toren des Marler Chemieparks die Situation dar. Lampen war früher Chef der Marler Infracor GmbH und ist nun Geschäftsführer von Evonik Stockhausen und Evonik Goldschmidt.

Marl war und ist offenbar weniger stark von der Krise betroffen als andere Unternehmen der Branche. Insgesamt war Westfalen aber stärker betroffen als der bundesweite Schnitt. Regional ging der Umsatz um 24 Prozent zurück, bundesweit um 13,5 Prozent.

Unter diesen Umständen sei es ein "Job-Wunder", dass die Beschäftigungszahl weitgehend konstant geblieben ist, analysiert der Hauptgeschäftsführer des Westfälischen Arbeitgeberverbandes für die chemische Industrie, Dirk W. Erlhöfer, die Situation: Ein großer Erfolg der tariflichen Öffnungsklausen und der Kurzarbeit (die es in Marl übrigens seit Jahresbeginn nicht mehr gibt).

Lampen und Erlhöfer sind voll des Lobes über die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, die sie auf keinen Fall als "Gegner" sehen. Seit über 30 Jahren habe es keinen Streik mehr gegeben. Die letzten Tarifverhandlungen waren 2008, da einigte man sich bei den Lohnerhöhungen auf zwei Steigerungsschritte von 4,4 und 3,3 Prozent (2009).

Doch diesmal gebe es nichts zu verteilen, so setzt Lampen die Pflöcke für die anstehenden Verhandlungen. Die Produktionsanlagen seien letztes Jahr nur zu 70 bis 78 Prozent ausgelastet gewesen anstatt zu 85 Prozent wie bisher. Der Gewinn sei da, aber oft nicht hoch genug für neue Investitionen. Die Lage speziell bei Evonik sei nicht schlecht, erklärt Lampen. Aber: Das sei zum Teil Einmaleffekten zu verdanken. Genaueres gibt es in Kürze auf der Bilanzpressekonferenz. Der Chemiepark sei früh mit der Krise befasst gewesen, deshalb auch wieder früh aus der Krise herausgekommen. In den Verhandlungen, die am 25. März in Bochum beginnen, sehen die Arbeitgeber bereits eine Tendenz: Es wird ganz wesentlich um die Sicherung der Beschäftigung gehen, um das Anbieten von vielen Ausbildungsplätzen und dann erst um das Thema Entgelt.