Marl. Für Ulrich Spies, den Leiter des Referats Grimme-Preis, hat die Trophäe nach all den Jahren nichts von ihrem Glanz verloren. Nach wie vor erhebt das Marler Grimme-Institut den Anspruch, die Messlatte für qualitatives und innovatives Fernsehen zu sein.

Die Würfel sind gefallen, die Sieger des Grimme-Preises 2010 wurden gestern in Düsseldorf bekannt gegeben. Darunter ist auch der Erfolgsregisseur Dominik Graf, der mit „Kommissar Süden und der Luftgitarrist” bereits seine achte Auszeichnung am 26. März in Marl in Empfang nehmen kann. Über den Preis in seinem 46. Jahr sprach Dr. Ulrich Spies, Leiter des Referats Grimme-Preis, mit WAZ-Redakteur Peter Kallwitz.

Ist der Grimme-Preis nach 46 Jahren immer noch die Messlatte für gutes, innovatives Fernsehen?

Ulrich Spies: Der ist und bleibt die Messlatte. Standard und Kriterien gelten nach 46 Jahren genauso wie bisher, vielleicht sogar mehr als in der Vergangenheit.

Gibt es Abnutzungserscheinungen, denen man entgegentreten muss?

Nein. Es gibt keine. Wir sind ständig bemüht, Entwicklungen zu berücksichtigen. In Zukunft müssen wir vielleicht darüber nachdenken, ob die Trennung von Online-Award und Fernsehpreis überhaupt noch vertretbar ist. Man kann zwar nicht aus zwei Preisen einen machen. Doch mehr und mehr wird auch im Internet ferngesehen. Insofern stellt sich die Frage, ob der Fernseher weiterhin als einziges Transportsystem betrachtet werden kann. Aber es gibt da rechtliche Probleme, über die man sprechen müsste.

Mal zurück geblickt. Gibt es ein Jahr, das man als das bedeutendste in der Fernsehgeschichte betrachten könnte?

Man kann nicht ein einziges Jahr hervorheben. Es gibt Jahre mit besonderen Ereignissen, wie zum Beispiel 1990/91, wo sich mit der Wende auch gesellschaftlich vieles veränderte. Damit haben sich anschließend viele Regisseure beschäftigt. Historische Bezüge waren immer ein Thema für die Filmemacher.

Ganz allgemein betrachtet. Hat sich das Niveau bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten verbessert?

Wenn man von dem allgemeinen Programm spricht, so hat eine Qualitätsnivellierung stattgefunden. Man hat sich den Sehgewohnheiten angepasst. Wir suchen aber das Herausragende.

Und bei den Privaten?

Die Leitlininien

Mit einem Grimme-Preis werden Fernsehsendungen und -leistungen ausgezeichnet, die für die Programmpraxis vorbildlich und modellhaft sind. Leitziel der im Preis institutionalisierten Fernsehkritik ist eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Fernsehen, das als zentrales und bedeutsames Medium mit vielfachen gesellschaftlichen Bezügen und Wirkungen verstanden wird. In diese Auseinandersetzung sind alle Themen und Formen einbezogen. Zu den Hauptmerkmalen gehört u.a. die Breite der Programmbeobachtung.

Da macht sich die Wirtschaftskrise auch nachhaltig bemerkbar. Die können auf dem hohen Film-Segment nicht mithalten. Die müssen ihre Marktanteile sichern.

Ist der Preis für die Regisseure eigentlich immer noch der Ritterschlag, der es anschließend ermöglicht, weiterhin Filme abseits des Quotendrucks zu machen?

Mit Sicherheit. Ich habe erst neulich mit drei Regisseuren, die für dieses Jahr nominiert waren, gesprochen. Alle drei haben mir bestätigt, dass sich allein durch die Nominierungen bei der Vorlage neuer Projekte die entsprechenden Türen geöffnet haben.

Versteht sich der Grimme-Preis auch als eine Art Wächter für gutes Fernsehen?

Ja. Selbstverständlich. Er zeigt das Besondere und zeichnet es aus. Der Grimme-Preis ist immer noch der Leuchtturm aller Auszeichnungen.

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