Recklinghausen. Mit einem humorvoll-literatischen Blick auf Deutschland eröffneten Lale Akgün und der Flame Geert van Istendael am Sonntag in Recklinghausen das Literatur-Festival. Das Publikum erwartet fast hundert Veranstaltungen an 22 Tagen in 14 Städten.

Im Anfang war das Wort. Ohne das Wort wäre alles nichts. Keine Kommunikation, keine Briefe, keine Bücher. Und vor allem kein Literaturfestival. Kann man also ein solches Spektakel rund um das geschriebene Wort besser eröffnen als mit einem Zitat aus dem Johannes-Evangelium?Wohl kaum. Brigitte Siefert vom Katholischen Kreisbildungswerk tat's.

Sie gehört wie viele, viele andere zum Organisationsteam, das das Programm des dreiwöchigen Spektakels „LiteraturRE Ruhr” auf die Beine gestellt hat. Arbeitsintensive Monate liegen hinter den Vertretern von Bibliotheken, Buchhandlungen, kirchlichen und städtischen Institutionen, bis am Sonntagmorgen im Recklinghäuser Ratshaus der Startschuss fiel.

Was das Publikum ab jetzt erwartet: fast hundert Veranstaltungen an zweiundzwanzig Tagen in vierzehn Städten. Es geht im Vest in Recklinghausen, Haltern am See, Dorsten, Marl, Castrop-Rauxel, Datteln, Herten und Oer-Erkenschwick über die Bühne. Die nunmehr vierte Auflage des Festivals ist offizieller Teil der Kulturhauptstadt Europas 2010.

Ein humorvoller Blick auf Deutschland

Was lag da näher, als andere Europäer einen literarischen Blick auf Deutschland und das Ruhrgebiet werfen zu lassen? Lale Akgün, eine gebürtige Türkin, und der Belgier Geert van Istendael, taten es mit augenzwinkerndem Humor und kritischer Distanz unter dem Motto „Mijn Leberkäseland”.

Leberkäse nämlich war die deutsche Lieblingsspeise von Lale Akgüns türkischer Lieblingstante Semra. Die bog die Kritik der Verwandtschaft am Verzehr der schweinefleischhaltigen Lappen ab mit den Worten: „Schweinefleisch? Unsinn. Das ist Leber mit Käse, wie der Name schon sagt!”

Eine von vielen herrlichen, frühen Multi-Kulti-Geschichten, geschrieben von einer Autorin, die, 1953 in Istanbul geboren, als Kind nach Deutschland kam, später die deutsche Staatsangehörigkeit annahm, lange die SPD im Bundestag vertrat und heute in Köln lebt. 2008 beschrieb sie den Integrationsprozess ihrer Familie in der heiter-ironischen Geschichtensammlung „Tante Semra im Leberkäseland”.

Lesung am Dienstag im Hotel Engelsburg

Der flämische Autor und Fernsehmoderator Geert van Istendael (Jahrgang 1947) schlug humorige, aber auch ernstere Töne an, machte sich in Passagen aus seinem Buch „Mijn Duitsland” über die deutsche „Bavaristik” lustig, thematisierte leidvolle Kriegserfahrungen.

Noch mal zurück zum Anfang. Da lobte Bürgermeister Ferdinand Zerbst den „Quantensprung”, den das Festival vom kleinen Ereignis zum großen 2010-Projekt gemacht habe. Da beglückwünschte Walter Moens als Vertreter der flämischen Regierung die Macher zum Mut, gleich zu Beginn die Nachbarn einzuladen. Und machte Werbung für eine weitere Flämin: Am Dienstag liest Diane Meur im Hotel Engelsburg aus „Die Lebenden und die Geister”.