Vest. Dünner werdende Portmonees sorgen dafür, dass 69 Prozent der abgegebenen „Lieblinge”, die im Tierheim sitzen, aus finanzieller Not abgegeben werden

„Man kann ohne Hunde leben, es lohnt sich nur nicht”, sagte einst Heinz Rühmann über das Zusammenleben von Mensch und Tier. Was aber tun, wenn nicht der Wert, sondern die Kosten über das Leben mit oder ohne den pelzigen, gefiederten oder geschuppten Freund entscheiden.

Laut Deutschem Tierschutzbund wirkt sich die Finanz- und Wirtschaftskrise auch auf den praktischen Tier-schutz aus. Als Folge werden mittlerweile 69 Prozent der Tiere aus finanzieller Not in Tierheimen abgegeben. Auch Spenden seien rückläufig. Annegret Gellenbeck vom Tierschutz Marl/Haltern kann diese Tendenz auch für ihre Einrichtung erkennen. „Das Spendenaufkommen, auch bei Feiern und Tombolas, ist geringer geworden”, sagt die Geschäftsführerin des Vereins nach dem Kassensturz des vergangenen Jahres. Außerdem sei die Zahl der schwer vermittelbaren Tiere im Heim gestiegen. „Es werden vermehrt ältere, kranke Tiere abgegeben, die durch nötige Medikamente und Operationen mehr Kosten verursachen”, bedauert die Tierfreundin.

Sie und ihre Kollegen im Tierheim an der Knappenstraße 81 in Marl-Hamm küm-mern sich derzeit um 37 Hunde, etwa hundert Katzen und 30 Kleintiere. Ist man auf Hartz IV angewiesen, ist es kaum möglich, eine anfallende medizinische Versorgung zu finanzieren. Ein Missstand, der ihrer Meinung nach behoben werden muss.

„Was wir brauchen, ist eine Berücksichtigung der Tiere bei der Bemessung von Sozialleistungen”, sagt etwa Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Dem kann Annegret Gellenbeck nur zustimmen. „Wenn es den Leuten gut geht, geht es auch den Tieren gut”, stellt sie fest. Die Gesundheit sei für das Wohlbefinden von Zwei- und Vierbeinern besonders wichtig.

In der Kleintierklinik Bertholt Menzel in Recklinghausen, Am Stadion 113, sorgt ein Team aus Veterinärmedizinern und Arzthelferinnen mit Unterstützung einer Physiotherapeutin für die rasche Genesung von Haustiger und Co. Über einen Mangel an Patienten könne sich die Klinik trotz Wirtschafts- und Finanzkrise nicht beklagen. Allerdings habe sich in den letzten Jahren die Zahlungsart der Kunden verändert. „Anstelle Rechnun-gen sofort in bar zu begleichen, werden häufiger Ratenzahlun-gen in Anspruch genommen”, erklärt Karin Menzel, die Leiterin der Tierarzthelferinnen.

Und wie sieht es mit dem leiblichen Wohl unserer Haustiere aus? „Unverändert”, meint Thomas Strecker, Geschäftsführer eines Zoobedarfs- und Getränkehandels in Herten. Kunden greifen zwar häufiger, wie anderswo auch, bei Strecker zu billigeren Produkten. Die preiswerten Al-ternativen gingen aber nicht mit einer Qualitätsminderung einher. „Es ist aber schon vorgekommen, dass Aquarianer ihr Hobby wegen zu hoher Stromkosten aufgeben mussten”, erzählt der 40-Jährige, stellt aber klar: „Die Tiere leiden nicht darunter, da sie an kompetente Stellen weitervermittelt werden.”

Dass generell weniger Tiere gekauft werden, führt er auf veränderte Interessen zurück. „Kinder wünschen sich eher einen PC, als einen Hund: Der ist pflegeleichter.”