Herten. Dass ab Dezember 2019 S-Bahnen durch Herten fahren, aber frühestens 2022 der erste Bahnhof fertig wird, sorgt für wachsenden Unmut in Bevölkerung und Politik.

Im Kern geht es um die Frage, ob 2019 zumindest ein provisorischer Bahnsteig errichtet werden kann, damit die Züge nicht jahrelang durch Herten rauschen, ohne dass Fahrgäste einsteigen. Die CDU pocht auf ein solches Provisorium und hält dieses finanziell, rechtlich und zeitlich auch für möglich. Ein entsprechender Ratsantrag wurde jedoch im Februar abgelehnt. Die Stadtverwaltung hatte betont, ein provisorischer Bahnsteig sei mit hohen sechsstelligen Kosten und mehrjähriger Planungsdauer verbunden, es sei kein Zeitvorteil zu erreichen.

Nun also kam es zur Ratssitzung. Sie begann - wie üblich - mit der Einwohnerfragestunde. Peter Gerwinat fragte von der Empore aus nach dem provisorischen S-Bahnhof und insbesondere nach der strittigen Planungsdauer. Bürgermeister Fred Toplak lehnte eine Antwort in der Sitzung strikt ab. Er betonte, dass Gerwinat auch schon schriftlich angefragt und eine schriftliche Antwort erhalten habe. "Sehr souverän, Herr Bürgermeister", brummte der CDU-Fraktionsvorsitzende Stefan Grave mit ironischem Unterton in Richtung Toplak. Noch nicht über Standort entschieden Während der Ratssitzung - beim Thema Innenstadt-Sanierung - kam der S-Bahnhof erneut zur Sprache. Es ging darum, dass die Stadt schon 2017 die Vergabe von Planungsleistungen öffentlich ausgeschrieben hatte, das Verfahren aber wegen eines Formfehlers gestoppt und bis heute nicht neu gestartet hat. Baurat Heidenreich erklärte, die Bahn habe noch nicht über den Standort des Bahnhofs entscheiden. Stefan Grave erwiderte, die Stadtspitze erkläre immer nur, warum etwas in Herten nicht gehe. Martina Ruhardt (Linke) beklagte, dass der Formfehler ein ganzes Jahr kosten werde.

Sie war es dann auch, die Bürgermeister Toplak und Baurat Heidenreich letztlich in Bedrängnis brachte. Die Begründung, mit der die Stadtverwaltung den erwähnten CDU-Antrag im Februar abgelehnt hatte, war ihr zu dünn. Sie wollte die genauen Zeit- und Kostenkalkulationen erfahren. Baurat Heidenreich wollte dies erst in der Juli-Ratssitzung tun - da riss Martina Ruhardt der Geduldsfaden. Sie forderte Einsicht in die Akten der Stadtverwaltung. Bürgermeister Toplak und Baurat Heidenreich wirkten irritiert, schauten sich fragend an. Heidenreich willigte plötzlich ein, die Frage der Linken zu beantworten. Doch Martina Ruhardt rückte von ihrem Recht auf Akteneinsicht nicht mehr ab. Dazu soll es nun möglichst in der nächsten Woche kommen.