Als die Mutter der geistig und körperlich gehandicapten Marlerin in eine Klinik kam, war die Tochter leichte Beute für ihn. Knapp vier Jahre Gefängnis
Recklinghausen. Wegen Missbrauchs einer geistig und körperlich schwer behinderten Frau hat die Strafkammer einen Marler (48) am Mittwoch zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Der Mann hatte jahrelang mit der Behinderten in RE unter einem Dach gelebt, war der Lebensgefährte ihrer Mutter. Gemeinsam mit dieser hatte er sich um die Pflege der 40-Jährigen gekümmert, die ohne Rollator fast völlig hilflos ist und große Probleme beim Sprechen hat. Als die Mutter an Leukämie erkrankte und in die Klinik kam, war die Tochter in besonderer Not und ganz auf den Ersatzvater angewiesen. Der nutzte ihr Urvertrauen aus und vergewaltigte sie.
Es war eine dieser Alltagssituationen, in der die Frau der Unterstützung anderer Menschen bedarf. Sie wollte baden, bat den 48-Jährigen also, Wasser einzulassen und ihr in die Wanne zu helfen. Der verhielt sich anders als an anderen Tagen: "Du bist jetzt meine Frau", sagte der gelernte Maurer und ignorierte den Einwand "Nein, deine Frau ist im Krankenhaus". Er stieg ebenfalls ins Wasser, begann mit der Belästigung. Später im Kinderzimmer missbrauchte er die 40-Jährige. Sie war leichte Beute für ihn; "wegen der geistigen Einschränkung war sie zur Gegenwehr nicht in der Lage", sagte der Staatsanwalt.
Damit er ungeschoren davon kommt, versuchte der Täter, das Opfer unter Druck zu setzen: "Das darfst du der Mama nie sagen, sonst kommst du weit weg ins Heim." Eine Drohung, die saß. "Vor dem Heim fürchtete sie sich sehr", so der Staatsanwalt. Trotzdem kam der Missbrauch ans Tageslicht. Die Behinderte vertraute sich ihrer mittlerweile verstorbenen Mutter an, flüsterte ihr die Tat in der Klinik ins Ohr.
Nach 14 Verhandlungstagen hatte sich der Angeklagte einen neuen Verteidiger gesucht. Mit dem Wechsel des Anwalts entschied er sich auch zu anderem Prozessverhalten: Nach langem Leugnen legte er gestern ein Geständnis ab. Der Pole saß über ein Jahr in U-Haft. Er wünscht sich, in die Heimat abgeschoben zu werden. Das ist ab Mitte 2008 möglich, so die Kammer. Dann hat er einen Großteil der Haftzeit verbüßt.