Oftmals sind sie wirkungslos und gefährlich. Apotheker raten ihren Kunden, die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten zu überprüfen und zu ändern
Recklinghausen. "Fünf Kilo weniger in nur 14 Tagen" - die Hersteller von Schlankmachpillen oder -pülverchen versprechen viel. Zu viel? Gibt es wirklich wirksame Mittel, die beim Abspecken helfen? WAZ-Redakteurin Andrea Müller fragte Dr. Rudolf Strunk, den Sprecher der Recklinghäuser Apotheker.
Wie viele Schlankmacher sind auf dem Markt?
Strunk: Unzählige. Leider auch viele wirkungslose oder gefährliche. Der Markt ist obskur und teilweise kriminell.
Inwiefern?
Strunk: Weil sich dort viele skrupellose Anbieter tummeln, die einfach nur Geld machen wollen. Fast alles, was im Internet angepriesen wird, ist nicht empfehlenswert, weil gesundheitsgefährdend. Viele dieser, oft ausländischen, Präparate enthalten Ephedrin-ähnliche Substanzen, die nicht auf der Packung ausgewiesen sind und die massive schädigende Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System haben. Nicht selten werden auch Kapseln angeboten, die undeklariert mit Schilddrüsenhormonen versetzt sind. Die Schilddrüse steuert ja unseren Stoffwechsel, sie wird auf diese Weise bewusst fehlgelenkt. Was allerdings nicht gesund ist.
Gibt es auch ungefährliche und wirksame Präparate?
Strunk: Ja, aber ich und viele andere Apotheker raten unseren Kunden zunächst mal dazu, die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten zu überprüfen und zu ändern. Wenig Fett (bis 60 g am Tag), Alkohol in Maßen, Zucker in Maßen, viel Wasser, ausreichend Bewegung und mehrere kleine statt zwei große Mahlzeiten am Tag - wer das beherzigt, nimmt automatisch ab. Die einfache, aber gute Regel lautet: "Weniger Kalorien zu sich nehmen als man verbraucht."
Und die Schlankmachmittel?
Strunk: Können dann für eine gewisse Zeit eingesetzt werden, wenn der Kunde es nicht so schnell schafft, seine Essgewohnheiten zu ändern. Manche Leute brauchen erstmal ein Erfolgserlebnis, um dann motiviert gegen den inneren Schweinehund anzugehen. Die Schlankmacher können die notwendige Ernährungsumstellung aber nicht ersetzen, sondern nur begleiten.
Wie funktionieren denn die Schlankheitsmittel?
Strunk: Man kann grundsätzlich drei Gruppen von frei verkäuflichen, apothekenpflichtigen Nahrungsergänzungsmitteln unterscheiden, die beim Abnehmen helfen und nebenwirkungsfrei sind. Da sind zunächst die Eiweißpräparate, meist hochdosierte - mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte - Eiweißdrinks, die ein Sättigungsgefühl schaffen. Außerdem gibt es die Sattmacher aus Quellstoffen - z.B. aus Zellulose-, Getreide- oder Orangenfasern. Diese werden gepresst und in Kapseln verabreicht. Im Magen quillen sie dann auf, rufen ein Sättigungsgefühl hervor. Einen kleinen Haken gibt es allerdings: Man muss sehr viel dazu trinken, sonst zieht der Quellstoff Flüssigkeit aus Magen und Darm und man kriegt Verstopfung.
Und Gruppe Nummer drei?
Strunk: Das sind die Fatburner. Sie enthalten den Wirkstoff Chitosan, der aus Muschelschalen gewonnen wird. Er bindet einen Teil des aufgenommenen Nahrungsfettes, es wird nicht verwertet, sondern ausgeschieden. Die Fettmenge, die dabei gebunden wird, ist aber nicht groß. Das Mittel richtet alleine also relativ wenig aus. Man sollte zusätzlich auch weniger Fett essen.
Gibt es auch Schlankheitspillen auf Rezept?
Strunk: Ja. Solche, die direkt in den Gehirnstoffwechsel eingreifen, das Appetitzentrum steuern. Sie dürfen nur unter ärztlicher Überwachung und in Zusammenhang mit einer Diät eingenommen werden. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für diese Mittel nicht. Außerdem gibt es noch Präparate, mit deren Hilfe das Fett pur ausgeschieden wird. Auch keine sehr empfehlenswerte Methode.
Und weitere pflanzliche Alternativen?
Leichter leben in Deutschland
Mit Hilfe von gesunder Ernährung und Bewegung Pfunde abbauen
Vest. 13 von 16 im Internet eingekauften Schlankheitsmitteln gefährden laut Stiftung Warentest wegen ihrer Inhaltsstoffe die Gesundheit. Auch die Verbraucherzentrale NRW rät davon ab, Schlankmacher via Internet zu erstehen. Wegen der darin enthaltenen – häufig undeklarierten und gesundheitsgefährdenden – Substanzen. Viele dieser Mittel seien in Deutschland gar nicht zugelassen. Erst kürzlich beschlagnahmte der deutsche Zoll eine Lkw-Ladung Schlankheitspillen aus China ("Lida"), die angeblich Heilkräuter, tatsächlich aber auch Ephedrin und Synephrin enthielten. Diese Stoffe können zu Bluthochdruck, Muskelzittern, Fieber, Nervosität, Herzrhythmusstörungen, Krampfanfällen und psychischen Veränderungen führen. "Leichter leben in Deutschland" lautet der Titel eines Abnehmprogrammes, das bundesweit von vielen Apotheken angeboten wird. Menschen mit Gewichtsproblemen sollen mit Hilfe von gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung Pfunde abbauen und ihr neues Gewicht dann auch halten. Vorträge, Messungen, persönliche Beratung, Kochtipps und Sportkurse gehören zum Konzept. Partner der Apotheken sind u.a. Vollwertbäckereien und Gesundheitsstudios. Im Vest bieten den Kurs an: Hirsch-Apotheke (Haltern), Bären-Apotheke und Apotheke im Centro med (Datteln), Alte Apotheke (Oer-Erkenschwick), Sternen-Apotheke (Recklinghausen), Ahorn-, Antonius-, Heide- und Forum-Apotheke (Herten). Infos mit Apotheken-Suchmaschine unter www.llid.de
Strunk: Da gibt es vor allem Tees, die aber meist verdeckte Entwässerungs- oder Abführtees sind - etwa aus Brennessel, Birke, Löwenzahn, Schafgarbe, Faulbaum oder Sennesblättern. Sie bringen fürs Abnehmen eigentlich nichts. Es gibt auch homöopathische Tropfen - die Gracia-Tropen. Sie sind aber zu niedrig dosiert, um viel zu bewirken.
Was kosten Schlankmacher?
Strunk: Eine Packung, die für rund zwei Wochen ausreicht, kosten so 15 bis 35 Euro.
Wer sucht bei Gewichtsproblemen den Rat dcs Apothekers?
Strunk: Meist Leute, die vier, fünf Kilo abnehmen wollen - oder auch nur zwei, damit sie wieder in ihre Jeans passen. Dafür braucht man gar kein Schlankheitsmittel - eher eine Kalorientabelle. Bei Kunden, die mehr abspecken wollen, liegt meist ein medizinischer Grund vor - Diabetes, Herzerkrankungen, etc. Beim Abnehmen gilt generell: Nichts überstürzen!