Bei der Loveparade in Essen verlor ein 19-Jähriger Recklinghäuser die Kontrolle über sich und verletzte mehrere Menschen. Das Gericht war trotzdem gnädig zu ihm, weil er sich einsichtig zeigte. Und eine schwere Kindheit hatte.

"Sie haben es im Leben nicht leicht gehabt. Wenn Sie's trotzdem schaffen, können wir nur den Hut ziehen." Selten waren Worte eines Richters derart freundlich und zuversichtlich, wie am Donnerstag die des Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts. Dabei hatte die Anklage durchaus heftig geklungen.

Es geschah im August 2007, bei der Loveparade in Essen: Ein Recklinghäuser, der mit Freunden zum Techno-Treff gefahren war, flippte aus. Alkohol im Blut, dazu Cannabis, "das war nichts für Sie", stellte der Richter nüchtern fest. Der Gymnasiast verlor die Kontrolle über sich, nietete einen Unbekannten um. Der Fremde brach bewusstlos zusammen, hatte später Hämatome im Gesicht. Auch zwei weitere Männer, die den Tobenden der Polizei übergeben wollten, trugen Blessuren davon. Dem einen biss der Recklinghäuser so fest ins Bein, dass dieser noch monatelang Schmerzen hatte. Und dann die Wut gegenüber der Polizei: Er beschimpfte sie, schlug um sich, spuckte, biss.

"Als ich die Anklage gelesen habe, musste ich selbst schlucken", räumte der 19-Jährige ein. "Ich habe mich verändert, viel gelernt durch diesen Tag." Diese Worte und ein lobender Bericht der Jugendgerichtshilfe, der schwierigste Lebensumstände von früher Kindheit an offenbarte, veranlasste die Richter, das Verfahren einzustellen und lediglich 60 Sozialstunden zu verhängen.