Vest. Der Gong schlägt zur ersten Stunde und überall im Vest versammeln sich die Schüler in ihren Klassenräumen. Friedlich könnte diese Stunde vonstatten gehen, würde nicht hier und da ein Magen knurren. Zur Pause stürmen die Hungrigen schuleigene Cafés, Bistros, Mensen und Kioske. Was gibt es da?
Schokoriegel und Schaumkuss-Brötchen? Rohkost, Körnerbrot?
„Schwierige Sache”, gesteht Detlef Klee, Schulleiter des Gymnasium Petrinum in Recklinghausen. „Irgendwie müssen wir den Mittelwert finden zwischen dem, was gesund ist und dem, was die Schüler wollen.” Noch steht die Entscheidung in den Sternen, denn eine Caféteria ist erst im Aufbau: „Bis es soweit ist, verkauft der Hausmeister Brötchen.” Naschkätzchen können sich am Stand der Eine-Welt-AG eindecken: Da ist die Schokolade auch nicht gesund, aber immerhin fair gehandelt. „Und natürlich ist das Thema gesunde Ernährung Teil unseres Unterrichts”, erklärt Klee. „Aber das Bewusstsein der Schüler hängt auch stark vom Elternhaus ab.”
Das bestätigt Michael Weiand, Schulleiter der Alexander Lebenstein Realschule in Haltern. „Ich weiß, dass viele Schüler kein ordentliches Frühstück bekommen. Deshalb ist es wichtig, dass man in Schulen Vernünftiges zu vernünftigen Preisen anbietet.” In der Realschule gibt es ein Bistro: „Und der Hausmeister verkauft Kleinigkeiten. Süßes, aber auch Äpfel oder ähnliches.” Dass Letztere keinen reißenden Absatz finden, verwundert nicht. „Trotzdem sollte man es im Sortiment haben”, findet Weiand.
Kiosk als Lernort
Geht es nach der Verbraucherzentrale, beliefert der Schulkiosk Schüler nicht bloß mit Essensnachschub. Die verkauften Lebensmittel sollten die Versorgung mit Nährstoffen und Energie gewährleisten. Im Idealfall sind die Kioske Lernorte. In Projekten und Arbeitsgemeinschaften könnten Schüler sich nicht nur mit optimaler, gesunder Ernährung auseinandersetzen, sondern auch einen Kiosk selbst organisieren vom Einkauf, über Werbung, Ein- und Verkauf, bis hin zur Buchhaltung. Mehr Infos gibt es dazu im Internet auf www.schule-der-zukunft.de Den Bildungsaspekt des Themas gesunde Ernährung· betont auch die Natur-und Umweltschutzakademie NRW. Die Recklinghäuser Einrichtung informiert dazu ausführlich auf www.nua.nrw.de
Am Städtischen Gymnasium in Herten hatten Eltern längere Zeit ein Schulfrühstück angeboten. „Als die Kinder das Abi machten, schlief die Einrichtung ein”, erinnert sich der stellvertretende Schulleiter Peter Pokorny. Inzwischen hat die Frau des Hausmeisters den Kiosk übernommen. „Und wir sind froh, dass überhaupt etwas angeboten wird”, sagt Pokorny. Gäbe es Brötchen & Co. dort nicht, der Lehrer wüsste, was die Schüler täten: „Dann würden Pizzataxis vorfahren.”
Die einstige Motivation hinter dem Schulfrühstück ist nicht vergessen. „Weg vom Fastfood”, lautete der Vorsatz. „Aber das wurde nur von einem Teil der Schüler angenommen”, erinnert sich Pokorny. Den Schulkiosk gab es schon damals und es war eine mächtige Konkurrenz zu den Körnerbrötchen der Mütter. „Nicht cool genug”, lautete das Fazit vieler Schüler. Geld am Kiosk auszugeben – gerne für Schokoriegel – gehört für viele zum guten Ton. „Wenn irgendwo gesund draufsteht, macht sich das bei den Schülern nicht so gut”, vermutet ihr Lehrer.
Süßes am Schulkiosk? An der Marler Willy-Brandt-Gesamtschule gibt es das nicht. Neben der Mensa gibt es hier zwei Alternativen. Da wäre zunächst das Elterncafé. Das bekommt aber Konkurrenz von Schülern. Siebtklässler betreiben seit Jahren das WP1-Café. Dabei herrscht das Prinzip: Wenig Müll, wohlschmeckend und halbwegs gesund. Auf dem Speiseplan stehen Obst, Gemüse, Sandwiches und donnerstags ist Pizzatag. Lehrer Heinz Büssemaker erklärt: „Die Schüler bereiten die Speisen zu, planen den Einkauf und kümmern sich um die Buchhaltung.” Und das mit stetigem Erfolg und als Teil des Lehrplans. „Klassische Süßigkeiten gibt es nicht und das funktioniert. Der Laden brummt so sehr, dass das Café sogar andere Schulprojekte und Anschaffungen sponsert”, sagt Büssemaker voller Anerkennung.