Marl. Das Marler Theaterjahr 2009 beginnt mit einer Shakespeare-Inszenierung des Deutschen Theaters Göttingen. Vor der Aufführung am 22. Januar wird das Programm der Ruhrfestspiele vorgestellt.

Ilja Richter wird das Marler Theaterjahr 2009 mit der Inszenierung „Richard III“ eröffnen. Mit Heuchelei, Intrige, kaltem Intellekt, strategischem Kalkül, Korruption und Meuchelmord bahnt er sich den Weg zum Königsthron. Richter verkörpert diesen körperlich eingeschränkten skrupellosen Mann mit schauspielerischer Brillanz. Am 22. Januar spielt das Deutschen Theaters Göttingen unter der Regie Mark Zurmühles. Vor der Aufführung stellen die Ruhrfestspiele Recklinghausen ab 18.30 Uhr ihr Programm im Marler Theater vor.

Zurück zu Ilja Richter und Richard III.: Nachdem Richard von Gloster den Rosenkrieg für das Haus York gewonnen hat, kehrt er triumphierend vom Schlachtfeld an den Hof zurück, wo der Sieg über das verfeindete Haus der Lancaster gefeiert wird. Doch Gloster, der sich so heroisch für die eigene Familie geschlagen und seinen Bruder Edward auf den Thron verholfen hat, wird nicht als Held gefeiert. Im Gegenteil: Niemand beachtet ihn. Gloster ist von Geburt an körperlich missgebildet, hat Hinkefuß, Buckel und einen verkrüppelten Arm. Weil ihm die Liebe seiner Mutter und seiner Mitmenschen verwehrt geblieben ist, schwört er der Menschenliebe ab und beschließt, eine liebesfähige Gesellschaft zu schaffen, an deren Spitze er sich setzen will. Daher ist sein Denken und Handeln ausschließlich von einem Ziel gesteuert: Er will König werden. Um dieses Ziel zu erreichen, schreckt er vor keinem Mittel zurück.

Eine deutsche Erstaufführung des Theaters Osnabrück, „Die Judith von Shimoda“, ist am 25. Februar um 20 Uhr im Theater Marl zu erleben. Die Songtexte stammen aus der Feder von Nina Hagen. Der Politiker und Zeitungsherausgeber Akimura lädt in seinem Palais in der japanischen Hauptstadt zu einer Aufführung des Okichi- Heldenmythos aus dem Jahre 1856 ein. In der Aufführung wird die Lebensgeschichte der Geisha Okichi beschrieben, die von der Verwaltung Shimodas verpflichtet wird, dem amerikanischen Konsul Harris zu Diensten zu sein.

Harris droht mit der Bombardierung Shimodas. Um dies zu verhindern, soll Okichi den Konsul besänftigen, obwohl sie damit ihren Ruf ruiniert. Wie die biblische Judith rettet Okichi ihr Volk, doch ihr wird es nicht gedankt. Sie wird als Ausländer-Hure beschimpft. Alkoholismus, Untreue und die eigene Vergangenheit zerstören ihre Ehe. Während ihre Heldentat noch zu ihren Lebzeiten in Balladen verkitscht wird, bleibt Okichi moralisch geächtet und sozial isoliert. Während seines Exils in Finnland (1940/41) war Bertolt Brecht drei Monate zu Gast bei der finnischen Schriftstellerin Hella Wuolijoki, mit der er zusammen das Stück „Tragödie einer Frau. Die Geschichte der Ausländerin Okichi“ des japanischen Autors Yamamoto Yuzo bearbeitete. Lange Zeit galt es als Stückfragment, jetzt fanden sich im Nachlass Wuolijokis die von ihr verfassten Szenen, die zusammen mit denen Brechts ein Ganzes bilden. 2006 brachte der Suhrkamp-Verlag das Stück heraus. Im September war im Wiener Theater in der Josefstadt die Uraufführung.

Eine literarisch meisterhafte Rebellion gegen die öde Vernunft der konformen Welt ist Georg Büchner mit seinem Lustspiel „Leonce und Lena“ gelungen. König Peter vom Reiche Popo will sich zur Ruhe setzen. Sein Sohn, Prinz Leonce, soll sich also endlich standesgemäß verheiraten: mit Prinzessin Lena vom Reiche Pipi. Leonce interessiert das aber nicht im Mindesten. Vor Pflicht, Langeweile und Melancholie will er nach Italien fliehen! Eine Zufallsbekanntschaft, der Narr Valerio, wird sein Reisegefährte. Dem steht der Sinn nach den handfesten Dingen des Lebens: Essen, Trinken, Frauen. Auf dem Weg in den Süden begegnen ihnen zwei Damen. Und wie sich herausstellt, ist es ebendiese Prinzessin Lena nebst Gouvernante. In Lena erkennt Leonce eine Seelenverwandte, Heirat nicht ausgeschlossen. Also geht es gemeinsam zurück ins Land Popo, um dort mit Valerio als Staatsminister ohne die Zwänge von Uhr und Kalender ein zeitloses Glück herbeizuführen. Als erste Amtshandlung verbietet Leonce auf der Stelle jegliche Arbeit. Büchners 1836 geschriebenes Lustspiel ist am 10. März ab 20 Uhr in der Inszenierung des Landestheaters Detmold in Marl zu sehen.

Eine turbulente Verwechslungskomödie hat Carlo Goldoni mit seinem „Diener zweier Herren“ geschaffen. Schnell, rasant und nachdenklich ist auch die Inszenierung Christian von Treskows mit den Wuppertaler Bühnen. Hier kämpft die Hauptfigur mit seinen zwei Arbeitgebern. Er fühlt sich von seiner Dienstherrin Beatrice, die als Mann verkleidet reist, schlecht bezahlt, und heuert kurzerhand bei Florindo, einem aus Venedig geflohenen Edelmann, an. Er ahnt natürlich nicht, dass seine beiden Geldgeber ein Liebespaar auf der Suche nacheinander sind. Damit seine Doppeldienerschaft nicht aufgedeckt wird und er beide Geldquellen am Leben erhalten kann, muss Truffaldino eine Begegnung seiner beiden Herren nach Möglichkeit verhindern.

Mit Schwindeleien und halsbrecherischen Kapriolen versucht er sein Doppelspiel aufrecht zu erhalten und verwickelt sich dabei in die haarsträubendsten Situationen. Bis am Ende, kurz bevor das turbulente Verwirrspiel ins Chaos abzugleiten droht, doch noch die Wahrheit ans Licht kommt. Aber wird es dem liebenswerten Diener gelingen ungestraft aus diesen Verwirrungen herauszukommen und obendrein noch das Herz der reizenden Smeraldina zu gewinnen? Am 23. April ab 20 Uhr wird das Rätsel in Marl gelüftet.

Karten für alle Veranstaltungen gibt es im i-Punkt im Marler Stern, montags bis freitags von 9.30 bis 18 Uhr, samstags von 9.30 bis 13 Uhr. Telefon: 0 23 65 99 43 10.