Herten. Ausdauernd, stark und äußerst robust: Die Emscherbrücher Dickköppe erfreuten sich im Mittelalter großer Beliebtheit. Die bulligen Pferde lebten vor allem in der Nähe von Herten. Mitte des 18. Jahrhunderts sind sie ausgestorben; doch ihr Gen-Material ist noch vorhanden. Jetzt prüft die Emschergenossenschaft, ob die Tiere durch Rückzüchtungen wieder in die Region gebracht werden können.
Werden eines Tages wieder Dickköppe durch den rund 10 Hektar großen Emscherbruch zwischen Herten und Castrop-Rauxel traben? Technisch wäre das möglich. Das zeigt etwa das Beispiel des Berliner Zoos. Dort wurde in den 1930er-Jahren der 1627 ausgestorbene Auerochse durch die Kreuzung ähnlicher Arten zurückgezüchtet. Mit Erfolg: Das sogenannte Heck-Rind (benannt nach dem damaligen Zoo-Direktor) ist zwar etwas kleiner als das Ur-Rind, sieht ansonsten aber genau so aus.
Genmaterial ist vorhanden
Auch das Erbmaterial der Dickköppe ist noch vorhanden, sagt Pflanzenexperte Günther Eschrich aus Recklinghausen, der sich für die Rückzüchtung der Pferde stark macht.
Die letzten Dickköppe wurden 1834 nach Dülmen verkauft (siehe Info). Die Nachfahren dieser Tiere leben dort bis heute im Merfelder Bruch. Günther Eschrich ist sich sicher: "Aus diesen Tieren lässt sich der Dickkopp zurückzüchten." Darüber hat er jüngst auch mit Vertretern der Emschergenossenschaft gesprochen.
Tatsächlich gibt es bei der Emschergenossenschaft Pläne, die Tiere wieder in die Region zu bringen.
Alles ist offen
In der bislang unveröffentlichten Machbarkeitsstudie zur Landesgartenschau steht, das Zurückzüchten der Pferde sei ein "wichtiger Beitrag zum Tourismus, zur Kulturlandschaftspflege, zur Bildung und Nachhaltigkeit." Die mögliche Landesgartenschau 2020 sei eine "hervorragende Plattform zur Unterstützung des Projekts." Auf Nachfrage bestätigt Emschergenossenschafts-Sprecher Ilias Abawi: "Wir prüfen derzeit, ob das Projekt machbar ist." Im Gespräch ist neben dem Emscherbruch auch das Hochwasser-Rückhaltebecken nahe Dortmund-Mengede. "Da ist aber noch alles offen", sagt Abawi.
Egal wo die Tiere angesiedelt werden: Der Bereich soll definitiv eingezäunt werden. Günther Eschrich wünscht sich zudem, dass das Areal für Besucher begehbar sein wird: "Man könnte die Zugänge mit einem Weiderost versehen". Das sind Querstreben auf dem Boden, die für Huftiere wie Pferde nicht begehbar sind.
Geduld ist gefragt
Wer die Tiere zurückzüchten soll und wer das Ganze bezahlt, ist ebenfalls nicht geklärt. Sprecher Abawi: "Wir sind zwar keine Pferdezüchter, wollen aber gerne den Weg für diese Idee ebnen." Günther Eschrich schlägt vor, dass der Zoo Gelsenkirchen die Zucht übernehmen könnte. Bei der Emschergenossenschaft gäbe es bislang keine konkreten Kooperationspläne, sagt Abawi. Bis Ende des Jahres will sich die Genossenschaft zur Umsetzung äußern.
Sollte die Idee realisiert werden, ist Geduld gefragt. Die Rückzucht des Berliner Heck-Rindes verlief über mehrere Generationen. Zeitaufwand: 80 Jahre.
Ihr breiter Kopf brachte den Emscherbrücher Dickköppen ihren Namen ein. Sie wurden vor allem als Arbeits- und Militärpferde geschätzt und zieren bis heute das Herner Stadtwappen. 1296 wurden sie erstmals erwähnt; sie zählen zu den ältesten Pferden Westfalens. Bei Treibjagden wurden die Hengste mit dem Lasso gefangen und immer am 10. August auf dem Cranger Pferdemarkt veräußert. 1834 wurden die letzten Tiere an den Herzog von Cro aus Dülmen verkauft. Der letzte Schimmel durchstreifte noch lange die Wälder - bis er erschossen wurde.