55-jähriger Hertener wurde schon zum zweiten Mal angegriffen.Der Mann, der auf der Anklagebank saß, war daran allerdings nicht schuld
Herten. Busfahrer leben gefährlich. Sie werden gern mal angepöbelt, und wenn sie viel Pech haben sogar körperlich angegriffen. Das ist einem Hertener (55), der seit Jahrzehnten hinterm Steuer sitzt, bereits zweimal widerfahren. Vor Jahren in Recklinghausen, als er einem Fahrgast helfen wollte, der von einem anderen verprügelt wurde. "Danach hatte ich sämtliche Knochen im Gesicht gebrochen." Und im Januar in Herten, als er einen aggressiven Mann rauswerfen wollte, der demonstrativ eine Bierflasche im Bus geöffnet und rumgemotzt hatte.
"Er hat mir ins Gesicht gespuckt und mich mehrfach mit Faustschlägen traktiert", berichtete der Fahrer am Donnerstag vor dem Amtsgericht. Am Abend des 10. Januar war er mit einem Bus der Linie 211 unterwegs gewesen. Und alles war normal verlaufen - bis der Mann an der Geschwisterstraße eingestiegen war. Weil sich dieser nach dem Vorfall aus dem Staub gemacht hatte, lud die Polizei den Busfahrer auf die Wache vor: Lichtbilder angucken. Und auf einem dieser Bilder erkannte der 55-Jährige auch tatsächlich den Täter.
Glaubte er zumindest. Der Mann jedoch, der nun auf der Anklagebank saß - ein der Strafjustiz durchaus bekannter Zeitgenosse - wurde freigesprochen. Zwei unbeteiligte Fahrgäste waren sich nämlich sicher, dass der Hertener nicht der Schläger war. Und der 39-Jährige bestritt ebenfalls aufs Heftigste. "Ich habe meiner Frau versprochen, nichts mehr zu machen und halte mich daran." Eventuell habe sein Zwillingsbruder die Tat begangen. Doch auch davon ist mittlerweile nicht mehr auszugehen. Nachdem der Busfahrer die Aussage beendet und den Angeklagten vom Zuschauerraum intensiver beobachtet hatte, war er plötzlich selbst unsicher. Und bemerkte: "Ich glaube, ich kenne ihn aus anderem Zusammenhang."
Übergriffe auf Mitarbeiter der Vestischen Straßenbahn gibt es eher selten: "Es ist Gott sei Dank die Ausnahme. Allerdings: Wenn einer ausrastet, dann richtig", bilanziert Norbert Konegen, Sprecher des kreiseigenen Nahverkehrsunternehmens. "Bei uns läuft eine Sicherheitsaktion, nachdem Jugendliche vor drei Jahren einen Fahrer brutal zusammengeschlagen haben. Der Mann ist heute noch nicht wieder fahrtauglich. Daher haben wir zusammen mit der Polizei ein Deeskalationstraining ausgelegt. Die Fahrer lernen, wie man mit Fahrgästen umgeht, die aggressiv werden - und sie lernen, selbstbewusst aufzutreten. 170 unserer 700 Fahrer sind mittlerweile geschult." Die Videoüberwachung in Bussen tue ein Übriges, um abzuschrecken.