Es wird laut auf Velberts Straßen: Die Biker sind wieder unterwegs. Im Kreis einzigartiges Projekt soll Leben retten.
Von weit unten dröhnen die Motoren. Nicht langsam, nein, schnell wird das Knattern lauter. Da, wo die Sonne durch die noch kahlen Baumwipfel scheint, ist Tempo 30. Das Gefühl sagt: Sie sind schneller. Viel schneller. Ralf Schefzig sieht es sofort. Auf der Kreisstraße Hefel steht der Leiter der Verkehrsinspektion I der Kreispolizeibehörde Mettmann. In Motorrad-Uniform. Nur für einen Pressetermin. Das Knattern wird indes lauter. Ralf Schefzig macht den Ausfallschritt, hebt die Hand, drei Finger in die Höhe: „Hier ist 30”, ruft er. Die Motorradfahrer, beeindruckt vom plötzlichen Auftauchen eines Polizisten auf ihrer (Renn-)Strecke, bremsen, sind nun langsamer. Fragt sich nur, wie lange.
Heute ist es hier verhältnismäßig ruhig. „Das kann aber auch ganz anders sein”, weiß Elke Heimrath. Die Motorrad-Saison hat, seh- und vor allem hörbar, begonnen. Nach Monaten des Wartens werden die Zweiräder wieder über Velberts Straßen gesteuert. Für Elke Heimrath beginnen dieser Tage wieder die lauten und, wie sie es sagt, auch angstvollen Monate. Seit sieben Jahren wohnt sie nämlich genau da, wo es vielen Motorradfahrern schon mal weh getan hat. An einer Stelle, an der sich häufig Stürze und Unfälle ereignen. Elke Heimrath sagt auch: „Ein Großteil der Fahrer nimmt einfach keine Rücksicht.”
Einzigartig im gesamten Kreis
Die kurvenreiche Zu- und Abfahrt zum Motorradtreff Haus Scheppen gehört, so Schefzig, zu den „Top 5-Motorradstrecken im Kreis”. Von 2005 bis 2007 ereigneten sich im Bereich Hefel, Hespertal/Hefeler Straße/Rottberger Straße 18 Kradunfälle. Dabei wurde die Leitplanke oftmals zum Risiko. Nun ist das anders. „Ein so genannter Unterfahrschutz soll jetzt auf einer Länge von 250 Metern verhindern, dass die Motorradfahrer unter der eigentlichen Leitplanke hindurchrutschen”, erklärt Schefzig. Das Besondere: Der Unterfahrschutz ist einzigartig im gesamten Kreis.
Auf Velberter Stadtgebiet
Ruhe eingekehrt
Vier der Top 5-Motorradstrecken des Kreises liegen auf dem erweiterten Velberter Stadtgebiet. An der Kuhlendahler/Schmalenhofer/Bleibergstraße sind, so Schefzig, „Schaukurven” zu finden. Hier filmen sich die Fahrer während waghalsiger Kurvenmanöver, in Schräglage. „Wir überwachen das kräftig”, sagt Schefzig. 17 Unfälle (2005 bis 2007) verzeichnet die Statistik an dieser Stelle.
Mit ebenfalls 17 Unfällen stehen auch die Bonsfelder Straße/Hauptstraße/Donnerstraße/Nordrather Straße in der Statistik. Dieser Bereich gilt als Verbindung zwischen östlichen Ruhrgebiet und Bergischem Land. An der Nierenhofer Straße/Langeberger Straße (Aussichtsstrecke über die Höhen Velberts) sei etwas Ruhe eingekehrt. Der Grund: „Hier ist im Moment eine Baustelle.”
„Die Unfallzahlen haben sich im vergangenen Jahrzehnt rapide nach oben entwickelt”, sagt Ralf Schefzig. Warum? Weil sich unter anderem das Freizeitverhalten gewandelt habe. Meist seien auch die jüngeren Fahrer nicht das Problem, sondern eher die mittleren Alters. Sie leisten sich gerne das (oftmals auch teure) Hobby Motorradfahren. Weitere wichtige Punkte: „Viele unterschätzen die Leistung ihrer Maschine und sind nach dem Winter auch etwas aus der Übung.” Allerdings: „Der überwiegende Teil fährt vernünftig.” 2008 zählt die Statistik 151 Unfälle mit Motorradfahrern im Kreis, 2007 waren es 167. Bislang, so Ralf Schefzig, sei das Jahr 2009 erfreulich. „Wir wollen aber abwarten, wie das Wetter wird.”
Die Polizei ist auf das zweirädrige Frühlingserwachen vorbereitet. Für das so genannte ProViDa-Motorrad, ausgerüstet mit einer Geschwindigkeits- und Videoanlage, ist der Winterschlaf beendet. Es hat, abwechselnd gesteuert von sechs Beamten, wieder Fahrt aufgenommen. Hinzu kommen weitere Tempokontrollen. Demnächst. Übrigens: Das zivile ProViDa-Motorrad überprüft nicht nur die Zweiräder. Eines gilt also für alle: Fuß bzw. Hand vom Gas.