Aus für Hertie: Kunden trösten Mitarbeiter. Bürgermeister entsetzt über Dawnay Day und Deutsche Bank.

Vor der Rolltreppe steht eine Tafel: „Happy Hour” – doch im Hause Hertie wird es keine glücklichen Stunden mehr geben. Das endgültige Aus für die Warenhauskette kam gestern Nachmittag nach einer Krisensitzung der Gläubiger (siehe WAZ-Hauptteil). Der Velberter Hertie-Geschäftsführer Nils Juchner wollte, nachdem er die Belegschaft informiert hatte, gegenüber den Medien keinen Kommentar abgeben.

Im Kaufhaus spielten sich derweil erschütternde Szenen ab: „Ich wollte eigentlich einen Blouson kaufen, aber die Verkäuferin weinte so bitter, dass ich über das Trösten alle Einkäufe vergessen habe”, erzählt Sandra Stiefeling vor dem Eingang. „Nachdem ich im Internet gelesen habe, wie es um Hertie steht, bin ich sofort hierhin gekommen, um dem Personal beizustehen”, sagt Charlotte Schmitt, die der Verlust „ihres” Kaufhauses, in dem sie über viele Jahre ihre Besorgungen gemacht hat, sichtlich schmerzt.

Der Rentner Eberhard Samaitat gerührt: „Trotz dieser furchtbaren Nachricht haben sich die Verkäuferinnen alle Mühe gegeben, die Kundschaft zufrieden zu stellen.” Er blickt sich um: „Was die Schließung wohl für die Innenstadt bedeutet?”

„Ich kann nicht verstehen, dass die Deutsche Bank als Hauptfinanzier von Dawnay Day einen Verkauf bzw. eine Vermietung der Immobilien zu tragfähigen Konditionen nicht unterstützt hat und anscheinend darauf spekuliert, dass sich die freigezogenen Hertie-Häuser besser verkaufen lassen”, kritisiert Stefan Freitag, entsetzt über solches Verhalten. Damit würden beide Akteure – zumal angesichts der schwierigen konjunkturellen Lage – ihrer Verantwortung für den Erhalt von Arbeitsplätzen in keiner Weise gerecht. Der Bürgermeister: „Das ist ein Hammer!” Er sieht erhebliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Immobilien-Vermarktung, ist überzeugt, dass sich Dawnay Day und Bank am Ende verspekulieren. So auch Wilfried Löbbert. Laut WiFö-Chef sind aktuell keine Interessen für das Objekt vor Ort bekannt. Zwei hätten sich 2008 gemeldet. Der Vorstoß für ein Shopping-Center mit 30 000 qm sei im Sand verlaufen, und die Idee eines SB-Warenhaus sei ohnehin mit der Ausschreibung fürs Projekt Kleestraße kollidiert.