Velbert. . „Time is brain – Zeit ist Gehirn“, lautet die Devise bei einem Schlaganfall. Die Geschäftsführerin des Velberter Klinikum Niederberg, Dr. Astrid Gesang, erwartet steigende Patienten-Zahlen. Außerdem ist eine Kooperation mit einem Neurologen angestrebt. Das Klinikum sieht sich für die Zukunft gut gerüstet.
„Time is money“, lautet eine gehetzte Floskel: Zeit ist Geld. „Time is brain, Zeit ist Gehirn“, heißt hingegen die Devise, geht es um einen Schlaganfall. „Je mehr Zeit bis zur Behandlung vergeht, umso mehr Hirnsubstanz geht verloren. Das ist nicht mehr umkehrbar“, mahnt nachdrücklich Dr. Astrid Gesang.
Rund 150 bis 250 Patienten versorgt das Klinikum Niederberg nach Auskunft seiner Geschäftsführerin, die auch leitende Notärztin ist, übers Jahr in der Inneren Medizin und der Geriatrie. „Wir müssen zukünftig aber mit mehr rechnen“, sagt Gesang. „Vor allem mit mehr Menschen, die einen zweiten, dritten oder gar vierten Schlaganfall erleiden.“
Ihr Haus strebt aktuell die Bildung einer Schlaganfall-Einheit – zuweilen auch „Stroke Light“ genannt – an. Diese böte den Vorteil, dass die „volle Konzentration der Situation und den Bedürfnissen des Schlaganfall-Patienten“ gelte. „Dafür sind mit Ausnahme des I-Tüpfelchens, einem spezialisierten Neurologen in Kooperation, bereits alle Faktoren vorhanden“, berichtet die Geschäftsführerin: „Sowohl diagnostisch als auch therapeutisch und personell.“ Demzufolge gibt es rund um die Uhr Computer-Tomographie, Skype-Möglichkeit mit der Essener Uni-Klinik, Monitor-Überwachungsplätze, ferner Logopäden, Ergo- und Physiotherapeuten, ebenso auch entsprechende Pflegestellen.
Zur Therapie gehören beispielsweise auch gezielte Greif- und Balanceübungen, damit die Patienten gewissermaßen wieder „besser Herr ihres Körpers“ werden. In dem Behandlungsraum der leitenden Therapeutin Irmgard Karoline von Blumenthal liegen dafür alle notwendigen Utensilien und Geräte bereit. Natürlich auch ein Spiegel, mit dessen Hilfe sie just mit einem Patienten logopädische Übungen zwecks Eigenkontrolle macht.
Fast alle Faktoren schon vorhanden
Wie Astrid Gesang im Gespräch mit der WAZ weiter erläuterte, wird bei jedem neuen Patienten geprüft, ob er ein Fall für die so genannte „Stroke Unit“ ist. Auf solch einer neurologischen Intensivstation ist eine invasive Behandlung möglich. „Das kommt aber nur für unter zehn Prozent der Patienten in Frage.“ Im gesamten Kreis Mettmann gibt es derzeit keine einzige „Stroke Unit“ – sehr wohl aber zum Beispiel in Wuppertal und in Essen. Aus Sicht der Geschäftsführerin ist das aufgrund der „doch recht kurzen Entfernungen“ kein Problem, sondern vielmehr eine „sehr sinnvolle Struktur“.
Zumal im Fall des Falles wichtige erste diagnostische Befunde und Ergebnisse, die die Ärzte gleich nach der Aufnahme im Klinikum festgestellt hätten, dank der Kommunikationstechnik sofort den Kollegen in der Uni-Klinik übermittelt würden, derweil der Patient noch dorthin unterwegs sei.
Denn auch hierbei gilt Dr. Astrid Gesang zufolge: „Das Zeitfenster ist immer enorm wichtig. Sowohl für die Vermeidung schwerer Folgen als auch für die Therapiemöglichkeiten!“
Kribbeln im Arm und verwaschene Sprache
Dr. Astrid Gesang hat sie erlebt. Die traurigen Fälle, in denen zu viel Zeit verspielt worden ist. Wo zum Beispiel die Ehefrau eines frisch eingelieferten Schlaganfall-Patienten auf Nachfrage völlig arglos erzählt, dass ihr Mann eigentlich schon seit drei Tagen „nicht mehr richtig“ habe reden können und auch den Mund „so komisch schief“ gehabt habe. Und deshalb warnt sie erstens eindringlich vor Risikofaktoren: etwa hoher Blutdruck oder Rauchen, ebenso Vorhofflimmern. Und die praxiserfahrene Notärztin betont zweitens, nicht minder nachdrücklich, Warnzeichen bloß nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Ein Indikator sei etwa zwischenzeitlich „verwaschene“ – also undeutliche – Sprache. Ernst nehmen solle man ebenfalls Kribbeln in Armen und/oder Beinen: „Auch dann, wenn es schon vorübergegangen ist.“ Danach solle man unbedingt und ohne Zögern einen niedergelassenen Neurologen aufsuchen und ihn konsultieren Bei Auftreten eines dieser Anzeichen solle man sofort unter 112 den Rettungsdienst der Feuerwehr herbeirufen.