Velbert. . Die FIFA-WM in Bildern: Michael Widzinski, Mit-Betreiber des Studios „Diabolic Tattoo“ begutachtet und bewertet für die WAZ die Hautgemälde und Schriftzeichen einiger internationaler Spitzen-Spieler
Wer die fußballerische Quälerei Argentinien gegen Holland bis zum Ende ausgehalten hat, wird einstimmen: Hauptsache ist doch, dass es gut aussieht. Was an dieser WM besonders gut aussieht, sind die Tattoos, die plötzlich so viele Spieler auf der Haut tragen.
Etwa der brüllende Löwe auf Özils Arm und der trutzige Spruch: „Nur Gott kann über mich urteilen.“ – „Da ist ja schon alles gesagt“, meint Michael Widzinski, der mit seinem Kollegen Andy Hoppe das Studio Diabolic Tattoo betreibt.
Überhaupt klingt es bei ihm so, als wären die Tattoos der Spieler das Normalste von der Welt. Kevin Großkreutz zum Beispiel: „Der Dortmunder Fernsehturm, ein Fördergerüst, typische Ruhrgebiets-Skyline.“ Bei genauerer Betrachtung fügt er an: „Wahrscheinlich ein sehr altes Tattoo.“
Mancher kommt martialisch daher
Relativ schnell zu verstehen ist auch das Hautgemälde auf Marco Reus’ Arm: eine große Hand und eine Babyhand. Andere Fußballer kommen da wesentlich martialischer daher: Der Oberkörper von Nigel de Jong, der mit den Niederländern und gegen die Brasilianer um Platz drei spielt, ist zur Hälfte bedeckt mit indonesischen, kriegerartigen Ornamenten. Wir wussten ja immer: Unter der Oberfläche ist Fußball Krieg. Manchmal auch im Ernst: Neymar wurde auf wirklich gefährliche Weise aus dem Turnier getreten. Bittere Ironie des Schicksals, neben „Freude“ und „Verwegenheit“ trägt er auf dem Hals die portugiesischen Worte für „Alles vergeht“. Über den ornamentalen Kreis an der Schulter seines brasilianischen Mitspielers sagt Widzinski: „Nur Schmuck“, sein Kollege Hoppe fügt hinzu: „Aber schön gestochen.“
Zwischen Demut und Säbelrasseln, zwischen nichtsagend und bedeutend tut sich also ein weites Feld auf. Vor große Rätsel stellt Widzinski das alles nicht. Aber: „Es gibt viele Zeichen, die offiziell eine klare Bedeutung haben, aber für mich persönlich eine ganz andere.“
So wie das von Mauricio Pinilla von Chile. Nachdem sein Team in Elfmeterschießen gegen Brasilien rausflog, ließ er sich sein knappes Tor aus der Nachspielzeit auf die Haut stechen, versehen mit dem bedauernden „Einen Zentimeter vom Ruhm entfernt“. Untypisch, meint Widzinski, „aus Freude hätte ich mir das stechen lassen... aber wenn sie verloren haben?“
Ein Lieblingstattoo unter den Fotos, die die WAZ ihm vorgelegt hat, hat er übrigens auch: auf der Wade des Argentiniers Lionel Messi: der Name seines Sohns, Thaigo, und zwei kleine Handabdrücke. Darin vereint sich alles, was für Widzinski ein gutes Tattoo ausmacht. Erstens: die Motivation. Zweitens: warum dieses Motiv. „Es sollte was Beständiges sein, die Namen aus der Familie bleiben zum Beispiel immer.“ Drittens: eine gut ausgewählte Körperstelle. Viertens: schöne Ausführung.“ – Sieht also ganz so aus, als hätte Argentinien gewonnen ... tattoomäßig.