Velbert. . Am Geschwister-Scholl-Gymnasium begann die politische Karriere des Velberters Marco Mendorf. Hier war er Schülersprecher, kam dann durch seinen Vater zu den Jungen Liberalen. In der Partei machte er dann Karriere, kam über die Stationen Köln und Düsseldorf auch nach Berlin. Nun ist er politischer Geschäftsführer der FDP.

„Wahnsinn, wie schön das hier geworden ist.“ Marco Mendorf sitzt im Herminghauspark und blickt auf seine Zeit in der Schloss-Stadt zurück. Der 39-Jährige Velberter hat hier seine ersten politischen Schritte getätigt, als Schülersprecher und bei den Jungen Liberalen. Heute ist er Politischer Geschäftsführer der FDP Landtagsfraktion und arbeitet eng mit FDP-Chef Christian Lindner zusammen. Im Gespräch mit WAZ-Mitarbeiterin Katrin Schmidt redet er über die schweren Aufgaben, die vor ihm und seiner Partei liegen.

Herr Mendorf, wenn Sie einmal zurückblicken auf die Zeit, in der Sie in Velbert politisch aktiv waren, was hat sich seitdem getan?

Als ich damals nach Köln gegangen bin, habe ich Velbert im Rückspiegel als recht langweilige Stadt wahrgenommen. Auch viele Schulkameraden sind damals weggezogen. Heute erlebe ich Velbert als Stadt, die Chancen hat, insbesondere als Wohnstadt für alle Generationen. Junge Familien finden hier einen attraktiven Lebensmittelpunkt – unabhängig ob sie hier oder in einer der größeren Städte im nahen Umland arbeiten. Voraussetzung ist immer Lebensqualität: Der Herminghauspark zum Beispiel ist preisverdächtig. So was habe ich eigentlich noch nirgends gesehen. Und ich freue mich auch über die positive Entwicklung der Schulen, was für eine attraktive Familienstadt wichtig ist.

In welcher Form haben Sie sich damals in Velbert politisch engagiert?

Zunächst war ich Schülersprecher am Gymnasium. Da haben wir mit allen Schulen zusammen gearbeitet, für eine bessere Schulpolitik demonstriert. Durch meinen Vater kam ich dann zu den Liberalen. Als Junger Liberaler, JuLi, habe ich als erstes einen Ortsverband gegründet, war Vorsitzender der JuLis im Kreis Mettmann und im Landesvorstand. Als 18-Jähriger war ich Mitglied im Schulausschuss der Stadt Velbert und konnte somit schon als Schüler aktiv Schulpolitik gestalten.

Was war hier Ihr größter Erfolg?

Ich habe mich damals für einen Jugendgemeinderat eingesetzt, der wurde auch zwischenzeitlich eingeführt. Ich finde es nach wie vor wichtig, dass Kommunalpolitik auch Kinder und Jugendliche beteiligt. Die Politik muss sensibilisiert werden, Jugendliche in Entscheidungen mit einzubeziehen, die für sie interessant sind, wie die Gestaltung eines Spielplatzes oder eines Schulhofes.

Sie hat es politisch und beruflich nach Köln, Düsseldorf und Berlin verschlagen – was konnten Sie aus Ihrer Velberter Zeit mitnehmen?

Durch meine Eltern habe ich überhaupt erst den Spaß daran gefunden, mich zu engagieren. Sowohl in der Politik als auch in der Bürgergesellschaft. Meine Eltern waren ja bis vor kurzem über Jahrzehnte in Bürgervereinen engagiert, das hat mich sehr inspiriert. Als Liberaler bin in der Meinung, dass wir Bürger zunächst selbst Verantwortung für uns, für unsere Familien und unsere Nachbarschaft wahrnehmen sollten. Ich bin dagegen, alles an den Staat oder die Stadtverwaltung zu delegieren. Mitmachen und selber etwas auf die Beine stellen, das finde ich gut. Diese Grundhaltung habe ich damals in den Bürgervereinen kennengelernt. Und von meinen ersten Tätigkeiten in der Velberter FDP, ich war ja noch Schüler, profitiere ich heute noch immer sehr.

Sie sind seit zwei Jahren Politischer Geschäftsführer der FDP- Landtagsfraktion NRW. Wie ist die Lage Ihrer Partei aus Ihrer Sicht?

Die FDP stellt sich neu auf, wir schärfen jetzt unsere Positionen. Wir sind aus dem Bundestag heraus gewählt worden, weil wir viele unserer Wähler enttäuscht haben. Teilweise zu Recht. Jetzt aber schauen wir nach vorne und wollen neues Vertrauen aufbauen. Unser Anliegen ist, dass den jungen Familien, den Beschäftigten und Selbstständigen nicht ständig Knüppel zwischen die Beine geworfen werden, zum Beispiel durch explodierende Strompreise, immer mehr Bürokratie und eine steigende Steuerbelastung.

Wie kann man das Schiff FDP denn nun wieder auf Kurs bekommen?

Durch Klarheit in der Sache und Substanz in unseren Konzepten. Ein Beispiel: Bezahlbare Energiepreise und noch mehr Subventionen für Erneuerbare Energien – beides zusammen kann nicht funktionieren. Während alle Parteien im Bundestag über Details einer Gesetzesreform streiten, sagen wir: Schluss mit Subventionen. Ein anderes Beispiel ist die Rentenpolitik: Ich habe Respekt vor der Lebensleistung der Rentner. Teure Wahlgeschenke sehe ich aber sehr kritisch. Es ist ungerecht, höhere Renten zu beschließen und die Kosten allen Beschäftigten und der jungen Generation aufzubürden. Hohe Steuern, Sozialabgaben und ein riesiger Schuldenberg: Darunter leiden doch diejenigen, die heute arbeiten und das alles bezahlen müssen.

Worin unterscheidet sich die FDP denn noch von anderen?

Liberale haben ein anderes Staatsverständnis als alle anderen Parteien: Wir wollen einen bescheidenen Staat, der rechnen kann und nicht bevormundet. Der einfache Regeln vorgibt und nicht komplizierte Bürokratie. Wir wollen das beste Bildungssystem der Welt, aber nicht den teuersten Sozialstaat. Wir sind die einzigen, für die Freiheit und Eigenverantwortung an erster Stelle stehen und nicht Gleichmacherei. Unsere Positionen müssen wir nun aber auch wieder sympathisch und engagiert vortragen und neues Vertrauen in der Bevölkerung aufbauen.

Sie arbeiten eng mit dem Bundesvorsitzenden Christian Lindner zusammen. Gibt es schon einen Plan, wie man dieses Vertrauen in der Bevölkerung wieder aufbauen kann?

Die FDP muss sich nicht gänzlich neu erfinden. Wir stehen nach wie vor zu unseren Prinzipien. In der Sache haben wir traditionell für vernünftige Wirtschaftspolitik und eine moderne Gesellschaftspolitik geworben. Daran sollten wir festhalten. Wichtig ist, konsequent unsere Ziele zu verfolgen: Dazu gehört, auch gegen Bildungsarmut vorzugehen, dafür zu sorgen, dass jeder Jugendlicher auch einen Schulabschluss machen kann und in die Lage versetzt wird, eine Ausbildung zu absolvieren. An den Themen der FDP muss jetzt Stück für Stück gearbeitet werden. Für uns heißt das auch: lesen, zuhören, mit Menschen sprechen und mal wieder konzeptionell nach vorne denken.

Warum ist die FDP momentan in der Wählergunst so gesunken?

Wir haben in unserer Regierungszeit nicht alles erreichen können, was wir uns vorgenommen hatten. Das hat Vertrauen zerstört. Die Union hat uns als Koalitionspartner zum Teil bewusst ausgebremst. Dabei haben wir auch richtig gute Erfolge erzielt: Im ersten Jahr haben wir eine Steuerentlastung durchgesetzt, das Kindergeld erhöht, dann haben wir die Wehrpflicht abgeschafft und die Staatsverschuldung erheblich reduziert. Heute profitiert Deutschland davon: Die Wirtschaft brummt, es gibt so viele Arbeitsplätze wie nie. All das hat unsere früheren Wähler aber nicht mehr überzeugt, weil unser damaliges Führungspersonal oft zu überheblich aufgetreten ist. Das hat manchmal richtig wehgetan. Das liegt jetzt aber hinter uns. Mit Christian Lindner hat die FDP einen starken Vorsitzenden, der für unser Land gute Ideen entwickelt und selbstbewusst dafür streitet.

Was Sind Ihre bislang privaten und politischen Höhepunkte?

Das Wichtigste für mich ist meine Familie, meine Frau Kathrin, meine erste Tochter Mette und die bevorstehende Geburt meiner zweiten Tochter. Das ist eine faszinierende, überwältigende Zeit, die zwar viel Stress, aber unendlich viel Glück und Freude bringt. Das ist die Rush Hour des Lebens und die ist sehr schön. In meiner politischen Zeit habe ich in Köln einige Erfolge erzielt: Die Etablierung von Kinder- und Jugendräten in den Stadtteilen, Gesundheitsprävention in Kindergärten, Rauchverbot auf Spielplätzen. Im Kölner Stadtrat konnte ich eine Menge umsetzen. Das ging aber nur, weil ich auch lange am Ball geblieben bin. Zehn Jahre Kommunalpolitik – das braucht man schon, um etwas zu bewegen.

Privat haben Sie angefangen zu segeln. Nützen Ihnen Ihre Segelerfahrungen derzeit in der FDP? Kommen Sie mit diesem gewaltigen Gegenwind klar?

Als Segler und als Liberaler muss man sich auf Gegenwind immer einstellen. Was man aber braucht, ist etwas Zeit. Und man muss kreuzen. Dann legt sich das Schiff auf die Backe und das Wasser spritzt dir ins Gesicht. Aber man kommt voran. Das ist doch das Wichtigste. Nur dem Mainstream zu folgen, wäre mir zu langweilig.