Velbert. Das furchtbare Bombenjahr 1944 jährt sich zum 70. Mal. Viele ältere Bürger erinnern sich mit Schrecken an die Angriffe. Die WAZ sucht nun Zeitzeugen

Das Bombenjahr 1944: Viele ältere Menschen erinnern sich mit Schrecken an die alliierten Bombenangriffe, die in dem Jahr ihren Höhepunkt erreichten und den Luftkrieg in ganz neue, zerstörerische Dimensionen führten. Noch immer ist bei älteren Bürgern das Brummen der Flieger am Himmel präsent, das Sirenengeheul, der eilig zurückgelegte Weg in den Bunker, die Einschläge der Bomben, das Zittern im Schutzraum. Und die bange Frage: Überleben wir diesen Angriff? 2014 jährt sich das furchtbare Bombenjahr zum 70. Mal. Aus diesem Grund sucht die WAZ Zeitzeugen, die von ihren Erlebnissen aus dem Bombenkrieg berichten können.

Velbert blieb relativ verschont

Es sind Bilder, die im Gedächtnis haften bleiben: Ganze Städte sind nach den Angriffen verwüstet, es stehen nur noch die Gerippe von Häusern. Zerstörung, wo man hinblickt. Berlin, Köln, Essen, Dortmund, Hamburg, Dresden: Die Ruinen-Landschaften gleichen sich. Allerdings nicht in diesem Ausmaß in Velbert. Denn die Stadt blieb relativ verschont von den Bombenteppichen, die auf andere Orte niederregneten.

So war Velbert eigentlich nicht auf dem Radar der alliierten Verbände, gleichwohl auch hier Zerstörungen gemeldet wurden. „Es gab nicht einen gezielten Bombenangriff auf die Stadt. Wenn Bomben auf Velbert fielen, waren es meist Fehlabwürfe oder Notabwürfe von Maschinen, die getroffen wurden“, sagt Stadtarchivar Christoph Schotten. Dabei ist es für ihn aber verwunderlich, dass Velbert verschont wurde; schließlich habe es in der Stadt rüstungsrelevante Betriebe wie Gießereien oder Stahlwerke gegeben. Doch: „Es hielt sich das Gerücht, dass Velbert nicht angegriffen würde, weil es an der Langenberger Straße eine amerikanische Firma gab.“

Allerdings war Velbert ein Knotenpunkt für die Bomberverbände und wurde gleich zu Kriegsbeginn zum „Luftschutzort 1. Ordnung“ erklärt, schildert der Historiker Bernd-A. Rusinek in „Langenberg, Neviges und Velbert im Zweiten Weltkrieg““ in dem Buch „Velbert. Geschichte dreier Städte“. Denn die alliierten Maschinen hätten sich über der Stadt versammelt, um von dort ihre Angriffe auf das Ruhrgebiet anzusetzen.

Der erste Bombenabwurf auf dem heutigen Stadtgebiet wurde laut Rusinek am 24. Juni 1940 in Neviges verzeichnet, als ein englischer Flieger fünf Sprengbomben abwarf. Diese drückten eine Wand in einem Bauernhaus ein, es gab das erste Todesopfer: Eine Kuh, die von Splittern getroffen wurde. Der Sachschaden betrug 12 000 Reichsmark. Zwischen 1942 und 1945 fielen nach Rusineks Angaben 29-mal Bomben auf Velbert. Schäden wurden unter anderem am Dalbecksbaum registriert.

Die genaue Zahl der Opfer in der Stadt ist nicht ganz klar – es dürften aber deutlich über 100 gewesen sein. „Mir sind keine belastbaren Zahlen bekannt. Doch allein bei Bombenabwürfen auf der Klosterstraße in Neviges hat es etwa 60 Tote gegeben. Auch in Langenberg sind 20 bis 30 Menschen gestorben“, sagt der Velberter Heimatforscher Jürgen Lohbeck, der u. a. das Buch „Der Krieg vor unserer Haustür“ geschrieben hat. Und: „Auch bei Tieffliegerangriffen hat es Tote gegeben. Die Tiefflieger haben kurz vor Kriegsende auf alles geschossen, was sich bewegte.“