Neues Spiel, neues Glück: Seit zehn Jahren organisiert das Ehepaar Doris und Lothar Jäger einmal im Monat das beliebte Glücksspiel Bingo. Vor allem Senioren lieben den Nervenkitzel und das gesellige Beisammensein.

Keine Maus passt mehr ins Café am Kirchplatz, die ersten Leute sind schon zwei Stunden früher da. Um 15.50 Uhr linst Georg Guth (82) unauffällig auf seine Armbanduhr. „Mein Mann ist ganz heiß darauf“, raunt Ehefrau Anita. Heiß auf Bingo, das Zahlen-Glücksspiel. Seit nunmehr zehn Jahren lässt das Ehepaar Doris und Lothar Jäger die Kugeln rollen – rein ehrenamtlich.

Unermüdlich gehen die Jägers auf die Pirsch, sprechen immer wieder Geschäftsleute an, bitten um Sachspenden, um Gutscheine. „Ich habe mal Fußpflege gewonnen, Essens-Gutscheine, auch mal eine schöne Tasche“, heißt es am Tisch von Hedwig Dombrowski. Die 92-Jährige ist eine Spielerin der ersten Stunde, und natürlich ist klar: Jeden ersten Dienstag heißt es Bingo!

Zum Glück gibt’s auch Himbeertorte

Dabei geht es hier niemandem ums Gewinnen, wie sie alle beteuern. „Ich kenne ja noch nicht so viele, aber man wird hier so nett aufgenommen“, meint Ruth Müller ein bisschen schüchtern und nimmt sich noch ein Stück von der leckeren Himbeertorte. „Das Gewinnen ist mir egal. Aber da, wo Sie jetzt gerade sitzen, da sitzt sonst immer eine Dame, die will immer am liebsten wieder gehen, wenn sie nichts gewinnt“, verrät die Nächste am Tisch. „Eigentlich geht’s uns ja nur ums Töttern, also bisschen erzählen. Und der Nachmittag geht so schnell herum.“ Wobei – so ganz ohne Spiel, also nur zum Quatschen, käme hier wohl niemand regelmäßig her. „Bingo macht Spaß“, bringen es die fünf Damen der Siedlergemeinschaft „Im Holz“ auf den Punkt. Was soll das ganze Gerede ...

Punkt 16 Uhr. Jetzt ist Schluss mit lustig. Lothar Jäger greift zur Glocke, klingeling, das Geschnatter hört auf. Ehefrau Doris – „meine Assistentin“ – verteilt die blauen Plastikscheiben mit den Zahlenfeldern drauf. „Wir fangen an mit senkrecht.“ Die Kugeln rollen. Wie aus der Pistole geschossen nennt Lothar Jäger die gezogenen Zahlen „29“, „74“, „31“ Wer sie auf seiner Scheibe erkennt, muss sie fix zuklappen. Puh, ganz schön anstrengend. Wie sagte doch Frau Guth zu Anfang: „Man muss hier richtig aufpassen, das Gehirn arbeitet. Das ist gut, wir sind ja beide über 80.“

Ein Schal für „full house“

Nach wenigen Minuten heißt es aufgeregt „Bingo!“ an einem der Tische. Neues Spiel, neues Glück. Verdächtig schnell schallt es wieder „Bingo“ durch den Raum, doch jetzt ist die Jubiläumsgesellschaft unruhig. Der mutmaßliche Glückspilz hat sich nämlich vertan. „Bitte Ruhe, bitte herunterkommen“, lautet die unmissverständliche Anweisung von Lothar Jäger. Die Dame wirft leicht beschämt einen Strafeuro ins Sparschwein und darf sofort weiterspielen. Soll nicht, aber kann ja mal passieren ...

Jetzt ist „full house“ angesagt, alle Zahlenfelder müssen belegt sein. „Bingo!“ Ilse Schwalfenberg (81) strahlt, Ehemann Helmut (86) staunt. Seine Frau hat gerade einen pinkfarbenen Schal gewonnen. Ein schöner Preis, aber reine Nebensache. „Die Stimmung ist toll, und man kommt mal raus. Herrlich.“