Neviges. . Seit 30 Jahren treffen sich die Damen des Frauenchores Neviges 84. Frische Stimmen sind jederzeit willkommen. Einzige Voraussetzung ist die pure Lust am Singen.

Mittwochs, das wissen ihre Freundinnen, ist bei Ingrid nichts zu holen. Kein Kino, kein Kegeln, da wird auch die tollste Einladung in ein fünf-Sterne-Lokal lächelnd abgesagt. Mittwochabend hat Ingrid einfach keine Zeit, und das seit 30 Jahren. Solange singt sie schon im „Frauenchor Neviges 84“, genau wie Waltraud, Ursula und Iris. Ihr Chor wird dieses Jahr 30. Passend zum runden Jubiläum bewiesen bei der ersten Probe im neuen Jahr just 30 Damen, dass sie nicht nur beim Singen viel Vergnügen haben.

Damit es hier keine Missverständnisse gibt: Nicht etwa, dass der Chor sein Hobby nicht ernst nimmt. Oder undiszipliniert plaudert, wenn Chorleiter Thomas Bartel vorn am Klavier den Ton anschlägt und souverän seine Damen führt. Und heute, bei der ersten Probe im neuen Jahr, die wie immer Punkt 19.30 Uhr im Parkhaus Seidel beginnt, ist der Musikwissenschaftler besonders kritisch. Schließlich steht schon in wenigen Tagen eine Geburtstagsfeier an, und da will der Frauenchor natürlich sein Bestes geben.

Auch Englisch ist kein Problem

„Lää, Läää, beim Ä mehr kleben bleiben. Und das ganze bitte mit ein bisschen mehr Begeisterung“, ruft der einzige Mann im Raum und kennt kein Pardon. „Achtung, gleich kommt die erste Hürde für den Alt.“ Und dann sollen die Damen nicht nur mitreißend fröhlich, sondern „überzeugend leise“ sein, und das Ganze noch mit „viel Körperspannung“. Da muss nicht nur die erste Vorsitzende Iris einmal tief durchatmen. Also, auf ein Neues. Und siehe da: „Das Lächeln kommt vom Trinken, die roten Wangen malt der Wein. Beim Lächeln und beim Trinken wollen wir glücklich sein“, schallt es glockenhell durch den Saal. Geht doch . . .

Ein Schelm, wer bei diesem Lied Böses denkt. Und dass es an diesem ersten Probentermin am Ende ein Schnäppschen gibt, geht allein auf Christas Kappe. Denn wer Geburtstag hatte, darf sich nicht nur ein Lied wünschen, sondern gibt auch eine Runde. Die haben sich die 30 Damen jetzt auch verdient, zumal es nach dem schmissigen Volkslied noch mal richtig schwierig wurde. Denn der Song aus dem Streifen „Sister Act“ ist nicht nur fetzig, sondern auch in englischer Sprache. „Von uns Älteren können das ja nicht viele, aber wir machen alles mit, wir sind nämlich modern“, kichert Ingrid später bei der Runde Schnäppschen und freut sich, dass Dirigent Thomas Bartel nicht müde wird, immer wieder geduldig den Text vorzusprechen und zu üben, bevor es endlich ans Singen geht.

Denn deshalb sind sie schließlich hier, sehr viele der Damen schon seit 30 Jahren: „Singen ist so befreiend, das glaubt man gar nicht“, meint Waltraud. „Man lässt so vieles aus sich heraus.“ Ihre Mitstreiterinnen ergänzen reihum: „Ja, Singen macht Spaß und hält jung.“

Wer diesen Jungbrunnen ausprobieren möchte: Neulinge sind willkommen. „Hier muss keiner singen können, man muss keine Angst haben, sich zu blamieren. Vorsingen gibt’s bei uns nicht“, meint Ingrid, die weiter bekennt: „Noten lesen können wir auch nicht alle.“ Einfach kommen und dann Spaß haben, beim Singen und bei den vergnügten Tagestouren, die der Chor zweimal im Jahr auf die Beine stellt. Allerdings nie mittwochs, der Probentag ist heilig. „Geschwänzt wird nicht. Wir sind ein kleiner Chor und brauchen uns gegenseitig.“