Neviges. . Mit Lust das Leben neu lernen: Nicht nur für Katholiken sind von der traditionellen Hubertusmesse begeistert. Besinnliche Predigt und beeindruckende Akustik lassen niemanden kalt

Diese Weite und Höhe des Raumes. Das wunderbare Licht, das auf den Altar fällt. Dann die Fanfarenklänge, die durch diesen unvergleichlichen Sakralbau dröhnen. Der Faszination dieser feierlichen und doch heiteren Atmosphäre kann sich niemand entziehen. Und schnell ist klar, warum bei der traditionellen Hubertusmesse der Franziskaner auch diesmal der Mariendom bis auf den allerletzten Platz besetzt ist, die eilig hinzugezogenen Klappstühle so gerade reichen und man auch oben auf der Empore nicht allein ist.

Auch diesmal ließ es sich Mitbegründer Pater Hubertus nicht nehmen, aus seinem jetzigen Domizil Dortmund anzureisen. Nicht nur wegen seiner aufrüttelnden Predigten hat die Hubertusmesse weit über die Stadtgrenzen hinaus einen Ruf wie Donnerhall, wie ein Blick auf die Autokennzeichen auf Domparkplatz und Parkplatz am S-Bahnhof zeigen.

Toleranz und Nächstenliebe

Wer Sonntagmorgens aus Siegen, Recklinghausen, Wuppertal und Bochum kommt – um nur einige Städte zu nennen –, freut sich auf das Fanfarencorps Neviges 1957, die Jagdhornbläser, den Quartettverein Liederkranz, den Hardenberger Schützenverein und nicht zuletzt die Löschzüge Neviges: Sie alle gestalten diesen Gottesdienst mit – eine außergewöhnliche Messe für alle und mit allen. „Lobet den Herren“ schallt es kraftvoll aus den Kehlen der Gemeinde, als Pater Hubertus die Liturgie eröffnet. Umso zarter, ja beinahe anrührend klingt da das „Ehre, Ehre sei Gott in der Höhe“, rein intoniert vom Quartettverein Liederkranz.

Toleranz, Nächstenliebe, der Wille, sich auf Neues einzulassen, auf Andersdenkende zuzugehen. Der Mut, sich von dem Druck zu lösen, immer alles richtig machen zu müssen – das waren einige der Gedanken, die Pater Hubertus den Menschen in seiner Predigt mit auf den Weg gab. „Die Spannung zwischen Sein und Sollen, das ist die Spannung unseres Lebens.“ Eines Lebens, das überrascht, das immer wieder neu erlernt werden muss.

Überraschend ist sicher auch Applaus in einem Gottesdienst, aber in dieser Messe ist eben vieles erfrischend anders. Als das Fanfarencorps den Klassiker „Highland Cathedral“ durch die Weite des Mariendoms rauschen lässt, packt einen die Gänsehaut – die Spannung danach löst sich in spontanem Applaus.

Viele der begeisterten Besucher kommen seit Jahren, viele aber auch das erste Mal. Wie Helga Kohlmann aus Essen: „Meine Friseuse hat mir das gesagt, und ich bin wirklich sehr beeindruckt.“ Aus Wülfrath kommen drei Freundinnen, von denen zwei, Brigitte Croll und Marlies Gruber, evangelisch sind. Ihre Freundin Angelika Josef, die seit Jahren herkommt, hat sie flott gemacht – was die zwei nicht bereuen: „Es war wirklich toll, mal etwas anderes, das ging einem so richtig nahe.“