Velbert. . Türkische Mitbürger sind größtenteils schockiert über die gewaltsame Räumung des Gezi Parks.Aber Ministerpräsident Erdogan hat auch nach wie vor Anhänger
„Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll.“ Cem Demircan fehlen am Anfang ein bisschen die Worte. Zu groß ist der Schock, ist die Trauer darüber, was gerade in dem Geburtsland des SPD-Ratsmitglied geschieht. Die gewaltsame Räumung des Gezi-Parks, das Vorgehen des Ministerpräsidenten Erdogan gegenüber den Demonstranten kritisiert der 40-Jährige scharf.
„Jeden, dem das Land nahe steht, trifft es, was da gerade passiert“, sagt Demircan, dessen Mutter sich zurzeit gerade in Istanbul aufhält „Sie hat aber nichts mitbekommen, sie wohnt im asiatischem Teil. Istanbul ist ja ungefähr so groß wie das gesamte Ruhrgebiet.“
Demokratie muss Gegner aushalten
Es ginge überhaupt nicht darum, wer Recht und wer Unrecht hat, stellt der SPD-Stadtrat klar. Vielmehr sei es „einfach grausam und schockierend“, wie eine demokratisch gewählte Regierung mit Menschen umgehe. Dass auch auf absolut friedliche Menschen geschossen wurde, das dürfe man einfach nicht hinnehmen. „Bestimmt gab es seitens der Demonstranten auch Provokationen“, ist sich Cem Demircan sicher. „Und es sind bestimmt auch Menschen hingegangen, die einfach nur Schluss machen wollen mit Erdogan“. Ein demokratischer Staat müsse aber aushalten, dass er auch Gegner habe. Sein Fazit: „Das zeigt mir, dass noch einiges zu tun ist auf dem Weg in eine demokratische Kultur, wie wir sie hier haben.“
Auch Elif Bulut vom Vorstand des alevitischen Vereins ist entsetzt: „Ich verurteile das zutiefst, das ist schrecklich, was zurzeit in Istanbul passiert. Das waren zu 80 Prozent Jugendliche, die da auf dem Platz waren. “
Salih Kamber steht vor seinem Geschäft „Auto Teile Kamber“ auf der Oststraße, holt tief Luft und wiegelt dann ab: „Wir sind nicht vor Ort und wissen nicht, wer schuld ist. Es ist aber auf jeden Fall ganz schlecht für unser Land. Es kann sein, dass es bei uns zu einem Bürgerkrieg kommt, wenn dieser Kerl sich nicht zurückzieht.“ Damit meint der Geschäftsmann Ministerpräsident Erdogan, dessen Verhalten er für „sehr gefährlich“ hält. „Er muss sich mit den Jugendlichen unterhalten, mit ihnen ins Gespräch kommen.“
„Grausam“, ist das erste Wort, das Esra Baytekin, Mitarbeiterin des Reisebüros „Oztürk“, über die Lippen kommt. Allerdings meint sie nicht die Geschehnisse im Gezi-Park, sondern „die Medien, die Presse.“ Sie sei „absolut pro Erdogan“. Ohne ihn stünde die Türkei nicht da, wo sie jetzt stehe. „Er hat dazu beigetragen, dass Menschen kostenfrei zum Arzt gehen können.“ Und der rigorose Polizei-Einsatz? „Was sollen die denn machen, wenn sie angegriffen werden?.“