Wuppertal/Velbert. Mit massiven Schulden allein aus seiner Geschäftstätigkeit als Steuerberater hatte der frühere Schatzmeister des Velberter Deutschen Roten Kreuzes jahrelang zu kämpfen. 2011 ging er in die Insolvenz, berichtete der 63-Jährige am Montag vor der 2. Wirtschaftskammer am Landgericht Wuppertal.
Ein Prozess in Etappen. War am Donnerstag vergangener Woche zum Auftakt nur die auf gewerbsmäßige Untreue und versuchten Betrug lautende Anklage verlesen worden, beschränkte sich der zweite Prozesstag auf den Lebenslauf des Angeklagten Jürgen L.. Vorgeworfen wird ihm, Gelder aus Stiftungen, von Mandanten und vom DRK zu Unrecht auf eigene Konten gelenkt zu haben. Die Anklage nennt einen Gesamtschaden von rund 528 000 Euro.
Selbstständig seit 2000
Dabei hatte alles bürgerlich angefangen. Volksschule in Heiligenhaus, Mittlere Reife in Velbert. Ausbildung zum Steuerfachgehilfen in den 60er Jahren, schließlich die Prüfung zum Steuerberater mit Festanstellung. Seinem Arbeitgeber blieb er treu, bis der ihm Ende der 90er Jahre kündigte. Im Jahr 2000 machte Jürgen L. sich selbstständig, erzielte mit seinem eigenen Büro nach eigenen Worten einen Jahresumsatz von 1,2 Millionen Euro. 95 Prozent der Mandate und der Mitarbeiter aus der alten Kanzlei wechselten in sein neues Büro an der Friedrichstraße. Er erklärt das mit seiner Nähe zu den Mandanten. Denn der Chef „war auf dem Golfplatz“.
Was er nicht einkalkuliert hatte, war das Wettbewerbsverbot für ihn. Er verlor gegen den alten Chef einen Prozess und musste kurz nach der Jahrtausendwende 1,1 Millionen DM an dessen Kanzlei zahlen. Voll finanziert von der Sparkasse in Heiligenhaus. Wie lange er den Kredit bedient habe, will Richter Norbert Müller wissen. „Bis es nicht mehr ging, das war 2008“, antwortet Jürgen L. Ob er Schulden habe? „Ja klar, eine halbe Million.“
Spätestens 2011 brach alles endgültig zusammen. Die Zulassung als Steuerberater verloren, Privat- und Geschäftsinsolvenz, die Eigentumswohnung zwangsversteigert und die Lebensversicherung gepfändet. „Die Sparkasse hatte mir die Kredite und die Freundschaft gekündigt“, erklärt er den Beginn des Abstiegs.
Heute arbeitet er für einen Rechtsanwalt und kümmert sich um „den steuerberatenden Teil“. Geld kommt auch von seiner Ehefrau. Viele Themen aus seinem Lebenslauf werden abrupt unterbrochen, weil sie sich nicht ganz von Angaben zu den Vorwürfen aus der Anklage trennen lassen. Dazu soll Jürgen L. sich aber erst am nächsten Prozesstag äußern.
Seine Zeit beim Deutschen Roten Kreuz in Velbert streift Jürgen L. am Montag nur kurz, weil dieses Thema auch „zur Sache“ gehört. Von 1984 bis 2008 war er dabei, zeitweise als Vorsitzender.
Dass er zum DRK ging, hängt mit seinem Herzinfarkt im Jahre 1983 zusammen. Nähere Ausführungen zu seiner Motivation spart er sich vor dem Landgericht allerdings.