Velbert. . Julia Klewin ist eine von 3800 angehenden Lehrern in NRW, die erstmals die verkürzte Ausbildungszeit durchlaufen. Letzter Arbeitstag ist der 30. April.

Eigentlich hätte für Julia Klewin alles so schön laufen können: Die 29-jährige Referendarin hat vor Kurzem ihr zweites Staatsexamen bestanden – mit einer eins vor dem Komma – und ist bald fertig ausgebildet. Als Lehrerin für Englisch und Sozialwissenschaften. „Es gab schon erste Gratulationen zum Beamtenstatus“, erzählt die gebürtige Velberterin, die derzeit an der Gesamtschule Mitte unterrichtet.

Doch ganz so rosig sieht die Zukunft für sie und die anderen 3800 Referendare in NRW nicht aus. Denn Julia Klewin und ihre Kollegen gehören zum ersten Jahrgang, der das verkürzte Referendariat von 18 Monaten durchläuft. Letzter Arbeitstag ist der 30. April. Und dann? „Wartet Hartz IV auf uns“, sagt sie. Denn als „Beamte auf Widerruf“ haben angehende Lehrer keinen Anspruch auf ALG I, da sie keine Sozialabgaben zahlen.

Laufende Projekte abbrechen

„Mich persönlich trifft das nicht ganz so hart, da mein Mann berufstätig ist“, erzählt Julia Klewin. „Aber es ist ein seltsames Gefühl, wenn man voll ausgebildet ist, das zweite Staatsexamen in der Tasche und trotzdem keinen Job hat.“ Viele ihrer Kollegen seien aber wesentlich schlechter dran: „Einige ziehen zu ihren Eltern zurück, weil sie sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können.“

Was hinter der Verkürzung steckt, kann die 29-Jährige nur vermuten: „Es soll gespart werden, denke ich.“ Und die Verkürzung an sich sei auch nicht das Problem: „Hart geworden wäre das Referendariat auch in 24 Monaten. Darum geht es nicht. Sondern um die Terminierung.“ Denn nun läuft der Vertrag mitten im Schuljahr aus, laufende Projekte müsse sie abbrechen, für einige Schüler sei es bereits der neunte Lehrerwechsel in neun Jahren. „Das hat mit Verbesserung der Bildungsqualität nichts zu tun“, findet Julia Klewin deutliche Worte.

Und sie scheut sich auch nicht, die Landesregierung zu kritisieren – obwohl die von „ihrer“ Partei gestellt wird. Denn Klewin ist stellvertretende Vorsitzende der Velberter Jusos. „Die Landesregierung hat sich das Thema Qualität der Bildung auf die Fahne geschrieben, aber davon ist nichts zu spüren.“

Wie es jetzt weitergeht, weiß sie nicht. Gemeinsam mit anderen Referendaren wird sie zur Urkundenübergabe einen Aktionstag auf die Beine stellen, um die Öffentlichkeit aufzuklären. Aber Arbeit gibt es derzeit nicht viel: Vertretungsstellen sind selten und wenn, dann zu weit von Velbert entfernt: „Ich bin ja flexibel, würde bis Köln oder ins Ruhrgebiet fahren“, sagt Julia Klewin. Nur für sechs Stunden Unterricht aber nach Aachen pendeln, das war ihr dann doch zu viel.