Velbert. . Der frühere Landtagsabgeordnete Marc Ratajczak im Streitgespräch mit dem EAK-Vorsitzenden Adrian Winter über die CDU und die Homo-Ehe

Die CDU ringt um eine Position bei der Homo-Ehe. Nach der Forderung des Bundesverfassungsgerichtes nach gleichen Rechten, die auch die Adoption von Kindern beinhaltet, lud WAZ-Redakteur Matthias Spruck den stellvertretenden CDU-Stadtverbandsvorsitzenden und bekennenden Homosexuellen Marc Ratajczak (39) und den Vorsitzenden des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) im Kreis Mettmann, Adrian Winter (22), zum Streitgespräch ein.

Herr Winter, warum sprechen Sie es Menschen wie Herrn Ratajczak grundsätzlich ab, ein guter Familienvater sein zu können?

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Winter: Homosexuelle sind keineswegs schlechtere Menschen. Ich bin jedoch der Auffassung, dass zum Kindeswohl sowohl Vater als auch Mutter gehören.
Ratajczak: Auch bei Durchschnittsfamilien gibt es Fälle, wo das Kindeswohl nicht geachtet wird. Überdies sehen wir am demografischen Wandel, dass die heterosexuellen Paare immer weniger Kinder bekommen. Zu meinem Familienbegriff: Familie ist immer dort, wo Kinder sind.

Winter: Dreiviertel aller Kinder in Deutschland wachsen bei ihren leiblichen Eltern auf. Ehe und Familie gehören deshalb für mich unzertrennbar zusammen.

Worüber haben Sie sich beim Urteil des Bundesverfassungsgerichtes geärgert, Herr Winter?

Winter: Im Grundgesetz steht, dass Ehe und Familie schützenswert sind. Das höchste Gericht jedoch hat an der Mehrheit des Bundestages vorbei seinen Auftrag einer bloßen Auslegung unserer Verfassung im ursprünglichen Geist überdehnt. Die Gleichbehandlung homosexueller Partnerschaften höhlt den Schutz von Ehe und Familie aus.

Ratajczak: Wenn eine Ehe kinderlos bleibt, muss sie nicht schützenswert sein.

Winter: Wenn Mann und Frau heiraten, übernehmen sie Verantwortung, das muss meiner Meinung nach sehr wohl geschützt sein.

Herr Ratajczak, was kritisieren Sie an der EAK-Pressemitteilung?

Ich finde die Formulierungen sehr problematisch. Da wird von „organisierten Homo-Aktivisten“ gesprochen, die als „winzige Minderheit“ das Bundesverfassungsgericht beeinflussen. Dabei haben wir laut Infratest dimap-Meinungsforschung eine Mehrheit in der Bevölkerung, die die Homo-Ehe befürwortet.

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Der EAK spricht vom „Ausverkauf von Ehe und Familie“. Es wird betont, ein Kind könne nur zum „gesunden, selbstbewussten Menschen“ heranreifen, wenn „ein vernünftiges familiäres Umfeld“ bestehe. Ist Homosexualität krank?

Winter: Mein Menschenbild sieht Mutter und Vater als Voraussetzung für eine gesunde Familie, wenn das Kind den Menschen als bipolares Wesen erkennen soll.

Wird eine Partei wie die CDU/CSU, die in ihren Reihen viele Konservative hat, nicht überstrapaziert, wenn sie sich eine Ausweitung der Rechte Homosexueller auf die Fahne schreibt?

Ratajczak: Als Volkspartei muss die CDU das Volk abbilden – sie muss eine Position zu den Rechten von Schwulen und Lesben entwickeln. Den Richterspruch aus Karlsruhe muss die CDU akzeptieren, denn die Lebenswirklichkeit, Herr Winter, hat sich geändert im Land.

Winter: Die Konservativen in der Union sind nicht überfordert. Wir evangelischen Christen akzeptieren nur eben keine Gesellschaft in Deutschland, die keine Werte mehr kennt außer totaler Gleichheit. Mit unserer christlichen Grundüberzeugung befinden wir uns da exakt auf dem Boden des Grundgesetzes.

EAK-Kritik am Verfassungsgerichtsurteil zu gleichen Rechten für homosexuelle Paare

Der konservative Evangelische Arbeitskreis der CDU/CSU, Kreisverband Mettmann (EAK), hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die gleichen Rechte für homosexuelle Lebenspartnerschaften fordert, massiv kritisiert. Adrian Winter, Vorsitzender des Kreisverbandes, meint in einer Presseerklärung des EAK, es sei bedauerlich, „wie sehr selbst das Bundesverfassungsgericht heutzutage von der medial aufgebauschten Propaganda einer winzigen Mehrheit organisierter Homo-Aktivisten beeinflusst scheint“. Das Gericht habe an der Mehrheit des Bundestages vorbei wieder einmal seinen Auftrag einer bloßen Auslegung der Verfassung im ursprünglichen Geiste des Grundgesetzes gehörig überdehnt, so der 22-Jährige. „Wollen wir in Deutschland wirklich eine Gesellschaft, die keine Werte mehr außer totaler Gleichheit kennt?“, fragt der Nevigeser CDU-Politiker. Diese Gleichheit sei nicht gerecht. Winter betont: „Für uns evangelische Christen in der CDU sind u.a. Nächstenliebe, Toleranz und Freiheit als gesellschaftliche Grundwerte mindestens ebenso wichtig“.

Ideal der glücklichen Familie

Die Unionsparteien CDU und CSU seien zurzeit die „einzigen nennenswerten politischen Kräfte“ in Deutschland, die dafür einträten, dass „Kinder in einem vernünftigen familiären Umfeld mit ihrem Vater und ihrer Mutter aufwachsen und zu gesunden und selbstbestimmten Menschen heranreifen können“.

Dieses gesellschaftliche Ideal sehen Adrian Winter und der EAK in Gefahr. Sie rufen daher alle Bürger unabhängig von politischen Einstellungen dazu auf, sich zum „Wohl unserer Kinder“ und für das „Ideal einer glücklichen Familie“ einzusetzen, indem sie ihre Meinung äußern und sich somit gegen den „Ausverkauf von Ehe und Familie“ einsetzen.