Ratingen. . Beim so genannten „Crash Kurs NRW“ berichteten emotional Polizei, Seelsorger, Rettungsdienst und ein Betroffener vor 1000 Jugendlichen von Verkehrsunfällen
Der „Crash Kurs NRW“ in der Ratinger Dumeklemmerhalle: Eine Veranstaltung, emotionsgeladen, mit Tiefgang und Bildern, die von der Eindringlichkeit folgenschwerer Verkehrsunfälle überzeugte, machte etwa 1000 junge Leute ab 17 still und betroffen. Eingeladen hatte die Direktion Verkehr der Kreispolizei Mettmann, Prävention und Opferschutz, deren Polizeihauptkommissar Jörg Marsall moderierte. Mucksmäuschenstill wurde es, als ein Polizist und ein Feuerwehrmann von ihren ersten Einsätzen an Unfallorten berichteten. Ein Seelsorger kam zu Wort und mit intensiver Offenheit berichtete ein Unfallopfer von seinem Kampf zurück in ein neues – wenn auch anderes – Leben.
Betroffenheit im Saal
Aber der Reihe nach. Das Motto der Veranstaltung setzte entgegen früheren Konzepten auf Emotionen. Marsall gab den jungen Menschen zu bedenken, dass Fahranfänger häufig in schwere und schwerste Unfälle verwickelt sind und wünschte viel Aufmerksamkeit zu den bevorstehenden Schilderungen.
Dennis Paffrath, ein junger Polizist, sprach von einem Frühdienstbeginn in Hilden. „Ja“, begann er, „Polizist war und ist mein Traumberuf“. Daran änderte auch der Unfall in Erkrath nichts. Der erste Einsatz an einem Sonntagmorgen im August 2007. Der Tag nach der Essener Love-Parade. Zu einem Pkw-Unfall in die Beckhauser Straße eilten er und eine Kollegin. Blaulicht eingeschaltet und mit der Hoffnung, dass es nicht so schlimm sein würde. Aber weit gefehlt. Dieser Morgen hatte es in sich. Ein Pkw hatte sich förmlich um einen starken Laternenmast gewickelt. Sie waren die ersten an der Unfallstelle. Überall Blut. Aus dem Auto roch es stark nach Alkohol. Der Kopf des jungen Mannes fiel wie abgeknickt auf dessen linke Schulter. Sein Genick war gebrochen. Jegliche Hilfe auch der eingetroffenen Hilfskräfte sowie des Unfallarztes kamen zu spät. Der Fahrer war tot. Paffraths weitere Schilderung, kurz, knapp und mit Bildern, die auch er nicht vergessen kann, erzählte den Fortgang an der Unfallstelle: „Familienangehörige waren eingetroffen und stimmten Trauergesänge an. Dazwischen Vorwürfe an die Hilfskräfte.“ Der Fahrer ohne Fahrerlaubnis wegen früherer Verkehrsverstöße, starb ungefähr 200 Meter vor seiner elterlichen Wohnung. An einem Sonntagmorgen im August. Betroffenheit im Saal über soviel erfahrene Realität eines Polizeieinsatzes, die echt hart rüber kam.
Jörg Marsall rüttelte die jungen Leute auf: „Nehmt Einfluss, wenn sich jemand unter Alkoholeinfluss zum Beispiel ins Auto setzen will oder ihr gar mitfahren wollt.“
Der Velberter Rettungssanitäter Christian Schmitz hat sich einen Kindheitstraum erfüllt. Seit 2003 arbeitet er bei der Velberter Feuerwehr. In Langenberg: Schöner Posten - ruhig -, so hieß es. Er war gerade mit der Ausbildung fertig, als es passierte: Ein Unfall auf der A 44. Mehrere Autos waren beteiligt. Schmitz schilderte den Einsatz am Unfallort und malt wie unter Zwang Bilder, die er nie vergessen wird: Junge Leute waren unterwegs. Fuhren ein Rennen mit schlimmen Folgen. Einer brach sich dabei beide Beine, erlitt eine Schädelfraktur, lebt mit einem entstellten Gesicht und kann sein rechtes Auge nicht mehr schließen. Und ein 18-jähriger Feuerwehrmann kann seitdem nicht mehr Auto fahren.
Ein Seelsorger, für Einsätze im Kreis zuständig, kam zu Wort. „Ich bin Jürgen Draht. Ich bin Notfall-Seelsorger. Einsätze, wie geschildert, sind Realität für mich.“ Seit 15 Jahren ist das seine Berufung und er sagt: „Ja, ich würde es wieder tun.“ Bei den Hinterbliebenen ist es auch für ihn schwer. „Hat er noch was gesagt? Hat er gelitten?“