Velbert. . Weniger Wirtschaftskrise gleich weniger Gäste? Mitnichten, bei der Diakonie werden noch immer rund 2500 Bürger mit Lebensmitteln versorgt.

Zahlen, mögen sie noch so groß sein, verschlagen Renate Zanjani nicht so leicht die Sprache. 2012 hat die Velberter Tafel für Niederberg 337 Tonnen Lebensmittel an ihren sechs Standorten verteilt, für rund 2500 Menschen waren dies 27 500 Tüten voll mit Essen. Und doch setzt die Leiterin zwischendurch kurz aus, als sie die Jahresbilanz überdenkt. „Es gibt leider kein Absacken dieser Zahlen“, sagt sie mit einem Seufzer, „es verändert sich nicht so, dass die Menschen die Tafel nicht mehr brauchen.“

In den vergangenen zwölf Monaten hat das Diakonische Werk 1182 Tafelkarten ausgegeben, damit wurden 1656 Erwachsene und 786 Kinder versorgt. Die meisten holen ihre Tüte in Velbert-Mitte und Neviges ab. Der größte Anstieg wurde in Langenberg von 222 (2009) auf aktuell 336 verzeichnet. „Das heißt aber noch lange nicht“, erklärt Zanjani, „dass die auch dort einkaufen gehen.“ Die Karteninhaber können mehrere Stellen angeben, an denen sie für einen Euro einkaufen. In drei von vier Fällen bekommen die Kunden Arbeitslosengeld II oder finanzielle Unterstützung, weil die Rente nicht mehr ausreicht.

Gerangel bei der Essensausgabe

Bei der Selbstreflektion beobachtet Renate Zanjani auch negative Begleiterscheinungen. Während in anderen Städten teilweise fertig gepackte Tüten hingestellt werden, können sich die Gäste in Niederberg ihre Lebensmittel selbst aussuchen – so weit, so gut. Aber: Sie sind auch länger in Kontakt mit den Helfern. „Und umso größer ist dann auch das Konfliktpotenzial“, sagt die Tafel-Leiterin, „das betrachte ich mit Sorge, denn es ist schwierig, eine gelassene Kommunikation zu gewährleisten.“

Und zwar aus folgendem Grund: In Velbert wird die Reihenfolge ausgelost. Das bedeutet: Je höher die Nummer, desto geringer die Auswahl. „Man kriegt es nie gerecht hin“, sagt Zanjani.“ So entsteht knapp zwei Stunden ein Spannungsfeld, in dem die Helfer nicht alles persönlich nehmen dürfen und trotzdem gute Laune haben sollen. In Birth zum Beispiel sind klare Ansagen nötig, weil Gäste mit Migrationshintergrund häufig nicht verständen, dass dieses Angebot keines vom Staat sei.

Trotzdem wollen die Tafel-Helfer ihre Gäste so respektvoll wie möglich behandeln. Bei der Weihnachtstüten-Aktion lehnte ein Gast eine Tüte ab, weil vorher immer von Bedürftigen die Rede gewesen sei und er nicht als bedürftig gelten wolle. „Der Begriff ist in unserer Kultur sehr abwertend belegt.“ Demnächst wolle sie lieber von Berechtigten sprechen, sagt Zanjani, „das ist wertneutraler“.