Velbert. . Die Ökostromzulage wird um knapp 50 Prozent steigen. Betroffen sind vor allem Verbraucher und kleinere Betriebe. Sonderreglung für stromintensive Firmen.

Viele Verbraucher wundern sich, dass ihre Ausgaben für Strom von Jahr zu Jahr höher werden. Zu tun hat das mit der Ökostromzulage, mit der die Förderung erneuerbarer Energien finanziert wird. Sie wird auf den Strompreis draufgeschlagen und soll ab kommendem Jahr um 47 Prozent auf rund 5,3 Cent je Kilowattstunde steigen, wie die vier Betreiber der großen Stromübertragungsnetze gestern mitteilten. Wenn die Zahlen schon für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden eine Erhöhung von 125 auf etwa 185 Euro bedeuten, kann man sich vorstellen, wie kleinere und mittelständische Betriebe mit hohem Energieverbrauch davon betroffen sind.

Große Betriebe, ab einem Stromverbrauch von einer Milliarde Kilowattstunden pro Jahr, sind durch die Sonderregelung für stromintensive Unternehmen von dieser korrekt als EEG- Umlage (Erneuerbare Energien Gesetz) bezeichneten Mehrausgabe befreit. „Das ist ungerecht“, findet zum Beispiel Horst Winkelsträter, Inhaber der Gießerei Ing.-Metallguß, „bei den Strommassen, die größere Unternehmen verbrauchen, fällt doch so eine Verteuerung gar nicht so auf.“ Er ist sich sicher, dass seinem Betrieb dagegen die beschlossene Strompreiserhöhung weh tun werde: „Wir müssen mit einer vollkommen neuen Kalkulation unserer Verkaufspreise darauf reagieren.“

Anja Schiech, Sachbearbeiterin Einkauf der Firma Erbslöh, kann sogar genau beziffern, wie teuer die Erhöhung ihrem Unternehmen kommen wird. „Mit ist gerade ein Schreiben vom Verband der Energieanbieter auf den Schreibtisch geflattert – über 100 000 Euro wird uns die EEG-Umlage im nächsten Jahr zusätzlich kosten.“ Zwar würden die rund zwanzig Zinkdruckgußmaschinen des Unternehmens im Prinzip ausreichend Strom produzieren; weil es sich letzten Endes nicht auszahle, nutze das Unternehmen die Sonder-Regelung dennoch nicht.

Enttäuschung über die EEG-Erhöhung äußert auch Witte-Automotive-Sprecherin Ina von zur Gathen, zumal das Unternehmen seit Jahren bemüht ist, Energien sparsam einzusetzen: „Seit 2009 nehmen wir zum Beispiel in Zusammenarbeit mit der TU Berlin und des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik am Forschungsprojekt EnEffCo zur Energiereduzierung teil... Die durch dieses Projekt erreichten Einsparungen werden durch die EEG-Steuerumlage wieder zunichte gemacht.“

Stromvertrag genau checken

„Energieschulden sind bei uns ohnehin ein wichtiges Thema – und werden es jetzt bestimmt noch viel stärker“, kommentiert Ralf Schwarzbach die neuesten Hiobsbotschaften von der Strompreis-Front. „Ein Hunderter mehr für einen Vier-Personen-Haushalt kann leicht zu einem wirklich existenziellen Problem werden“, befürchtet auch Andreas Adelberger, der die teuren Folgen der Energiewende ebenfalls mit großer Sorge sieht.

Laut Schwarzbach, hauptamtlicher Mitarbeiter bei der Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie Niederberg, sind Energieschulden vor allem ein massives Problem bei Empfängern von Arbeitslosengeld II. Arbeitssuchende seien nun einmal jeden Tag vor allem zu Hause und hätten oft alte Geräte, weil einfach das Geld für neue, energiesparendere fehle. In der Regel komme dann zum Jahresende eine Nachzahlungsforderung, die das ohnehin knappe Budget über Monate weiter schmälere. „Wie Strom bezahlbar sein kann, ist ein ernstes Thema“, mahnt Schwarzbach. „Bei ganz vielen Menschen gibt’s nämlich überhaupt kein Einsparpotential mehr, weil das eigentliche Grundproblem Einkommensarmut ist.“

Adelberger, er leitet die Verbraucherberatungsstelle Velbert, empfiehlt, sich seinen Vertrag genau anzuschauen. „Es muss gar kein Anbieterwechsel sein. Viel zu viele Leute haben leider einen normalen, oft zu teuren Grundversorgungsvertrag, zu dem es wirtschaftlich wesentlich günstigere Vertragsvarianten gibt.“ Sein dringender Rat lautet: „Mund aufmachen, nachfragen – und seine individuelle Situation darstellen.“ Adelberger weiter: „Hände weg von Paketangeboten und nicht einfach bei Offerten mit toller Werbung im Internet zuschlagen, denn der Teufel steckt oft im Detail. Außerdem: Bloß nicht länger als ein Jahr binden und niemals Vorauskasse.“

In der Beratungsstelle Velbert sind dienstags Einsparberatungen möglich: Anette Hoffmeister klärt über heimliche Stromfresser auf und gibt handfeste Tipps zur Verbrauchsreduzierung (Anmeldung: 02051/56 806, Mail an velbert-termin@vz-nrw).