Velbert. . Antiislamisches Hassvideo ist Dauerthema bei Velberts Muslimen: Viele sehen ihren Glauben verunglimpft, Gewalt indes verurteilen sie scharf.

Noch nie hat ein Youtube-Filmchen derart hohe Wellen geschlagen: „Die Unschuld der Muslime“ heißt das billig produzierte Machwerk, das in diesen Tagen für gewaltsame Ausschreitungen in mehreren islamischen Ländern gesorgt und hierzulande politische Grundsatzdebatten um Meinungsfreiheit entfacht hat.

Die Kernfragen: Darf das Video-Pamphlet öffentlich aufgeführt werden, wie es Rechtspopulisten fordern, oder muss es allein aus Sicherheitsgründen verboten sein? Und: Sind Ausschreitungen von aufgebrachten Muslimen auch hier zu befürchten? „Definitiv nicht, es wird keine Ausschreitungen geben“, ist sich Cem Demircan, Vorsitzender des hiesigen Integrationsrats, sicher. Er kennt viele der in Velbert lebenden Muslime, ist selbst Moslem. Er hat Ausschnitte aus dem Video gesehen, der Inhalt hat ihn geärgert. „Die meisten Muslime hier werden den Film sicher nicht gutheißen, aber sie alle werden ihn hinnehmen“, sagt er. „Das Ziel, der ganze Zweck dieses Films, den irgendein Idiot gemacht hat, ist ja zu provozieren.“ Und darauf dürfe man sich nicht einlassen. Dass Unschuldige für das Werk „eines Idioten“ leiden mussten, sei fatal. „Aber auf der Welt leben etwa 1,6 Milliarden Muslime – und die allermeisten von ihnen wollen keine Gewalt. So wie die allermeisten Christen nicht solche Videos produzieren.“ Muss der Film verboten werden? „Wenn er keine strafbaren Inhalte hat, muss eine Demokratie ihn eigentlich aushalten“, so Demircan.

Respekt vor allen Religionen

In der muslimischen Gemeinde vor Ort ist das Video Dauerthema. Karaman Cakat, Vorsitzender der Ditib-Gemeinde an der Friedrich-Ebert-Straße, und sein Vorstandskollege Hasan Yavuz sind sich einig, dass es sich bei dem Pamphlet um eine gezielte Attacke handelt. „Wir sind 100 Prozent gegen diese Aktion“, stellt Cakat klar, „aber wir lassen uns nicht davon provozieren.“ Das sagen sie auch immer wieder in Gesprächen mit anderen Muslimen, die sich von der Verunglimpfung verletzt fühlen. Cakat: „Alle Menschen leben ihre eigene Religion – wir haben vor jedem Respekt, egal ob Christ oder Jude.“

Die gewaltsamen Reaktionen, ob im Sudan oder in Libyen, verurteilen sie: „Dass deswegen Leute anderswo Menschen töten, ist nicht richtig“, sagt Hasan Yavuz, „unsere Religion ist dagegen, Menschen zu töten.“ Trotzdem lassen sich in der arabischen Welt viele Menschen von so genannten Hasspredigern radikalisieren. Cakat: „Bei uns wird in Moscheen nicht über politische Dinge gesprochen. Der Imam darf das auch gar nicht, er bekommt seine Texte von der türkischen Regierung“, erzählt Karaman Cakat, „diese Mentalität ist hier in vielen Moscheen so.“ Und wer dagegen verstößt, ergänzt Yavuz, „bekommt Hausverbot“.

Im Gegensatz zu Cem Demircan hält es Yavuz aber für unabdingbar, dass der Film hierzulande nicht gezeigt wird: „Das erwarten wir.“ Cakat versteht nicht, wie es überhaupt so weit kommen konnte: „Dass ein Mensch so einfach so einen Film machen kann... Der Mann hat studiert, der weiß genau, was danach kommt.“ Cakat unterstreicht, „wenn ein Muslim so einen Film machen würde, wären wir der gleichen Meinung.“ Denn für die Velberter Ditib-Gemeinde steht immer noch die Integration an erster Stelle. „Wir leben in Deutschland und passen uns den Gesetzen an“, meint Hasan Yavuz, „wir müssen alle miteinander leben – und wollen das auch.“