Velbert. . Trend E-Bike: Für Pendler kann das neue Rad zur echten Auto-Alternative werden. Die WAZ testete das Gefährt auf dem Panoramaradweg.
Der Berg ruft nicht, er schwächelt. Als Gegner wird er für mich zur Lachnummer, während ich über ihn hinweg fege. Fast hätte ich nicht einmal gemerkt, dass er überhaupt da ist. Ich sitze auf einem Pedelec (Pedal Electric Cycle) – auch bekannt als E-Bike – und jage mit fast 25 Stundenkilometern die steile Anhöhe hinauf. Ein kleiner Motor in der Mitte des Fahrradrahmens unterstützt mich dabei. Dass er alle paar Sekunden anspringt und die Kette antreibt, spüre ich an den leichten Vibrationen in den Pedalen, die ich trete. Hören kann ich den Motor nicht.
Ich fahre nicht allein an diesem kühlen, fast herbstlichen Vormittag auf dem Panoramaradweg. Mit von der Partie ist Michael Wiegel. Er hat Ahnung von Elektro-Rädern, denn er verkauft sie. Während wir locker an unmotorisierten Radfahrern vorbeiziehen, können wir uns völlig entspannt unterhalten – das Radeln macht uns ja keinerlei Mühe. Ja, es ergreift mich ein Gefühl der Erhabenheit auf dieser Mechanik-Elektro-Chimäre. Meinen Mitfahrer offenbar auch: „Am meisten Spaß macht’s, all die Rennradfahrer, die sich in ihren Trikots abmühen, mal eben flott zu überholen“, sagt er und lacht. Eigentlich ist Wiegel Batteriespezialist und Geschäftsführer der Akku-Firma Elwitec, die seine Mutter vor knapp 30 Jahren gegründet hat.
Vorsicht „Speed“-Knopf
Noch sei der E-Bike-Verkauf Nebengeschäft. Langfristig könne es aber ein zweites Standbein werden. „Vor ungefähr drei Jahren kamen die ersten Anfragen nach Akkus für die Räder“, erzählt Wiegel. Vorwiegend Rentner seien die ersten E-Biker gewesen. Bis zu zehn Kilo wogen damals die Bleiakkus, „richtige Klötze waren das, die heutigen Lithium-Ionen-Akkus sind viel kleiner und leichter“.
Die Akkus schrumpfen, die Nachfrage wächst. 40 bis 50 Stück verkaufe er derzeit in seinem Laden pro Jahr, sagt der Händler. Die neue Zielgruppe: Berufspendler. „Für Strecken um die 15 bis 20 Kilometer kann das Rad eine echte Alternative zum Auto sein“, so Wiegel. Er selbst fahre die acht Kilometer bis zu seinem Arbeitsplatz inzwischen auch meist mit dem Pedelec. Auch wenn der erste Winter im Sattel hart gewesen sei, „das ging dann nur mit Mütze und Handschuhen.“ Pedelecs sind bei ihm ab 1600 Euro zu haben, woanders gibt es auch günstigere Varianten. „Das muss jeder für sich entscheiden“, sagt Wiegel. Nach etwa 800 Ladungen – das entspreche beim Durchschnittsfahrer sechs bis acht Jahren – schwächeln die Akkus allerdings. Ein neuer Akku sei ab etwa 400 Euro zu haben. Oder man lässt die alte Batterie erneuern, das ist günstiger.
Der Knopf „Speed“ auf der Bedienkonsole vorn am Lenker lacht mich an an. Ich muss ihn einfach drücken – ein Fehler, denn die Maschine zwingt mich plötzlich zum Gasgeben. Also wieder zurück in den Modus „Trekking“.
Etwa 60 Kilometer Reichweite hat das Rad mit einer Stromfüllung und voller Unterstützung. Weil man sich zwischendurch auch mal rollen lässt, kann man Touren bis 200 Kilometer machen. Plötzlich sind wir wieder am Startort im Industriegebiet. Eine gute halbe Stunde waren wir unterwegs – wie nichts.