. Der Agnes-Miegel-Weg in Tönisheide steht in der Diskussion. Die Dichterin, die 1964 starb, galt als glühende Anhängerin von Adolf Hitler

Es ist Mittagszeit. In den Vorgärten des Agnes-Miegel-Weges stehen bunte Schaukeln und Wäschespinnen. Die Sonne scheint in die gepflegten Vorgärten. Man hat es sich schön gemacht in Tönisheide. Man fühlt sich wohl hier. Ungeachtet der Idylle in dieser Straße steht der Name auf dem Schild in der Diskussion.

Der Weg, der einer Dichterin aus der Zeit des Nationalsozialismus gewidmet ist, soll schon seit längerem umbenannt werden. Im Bezirksausschuss im Juni wurde das Thema zuletzt behandelt. Die Entscheidung wurde jedoch verschoben. Es sollten zunächst noch weitere Informationen besorgt werden, hieß es. „Momentan schauen wir uns ganz genau an, was andere Städte in ähnlichen Situationen machen“, sagt Wolfgang Scholz. Der Referent des Stadtbaurates erklärt aber, dass es nach jetzigem Stand noch keine Tendenz für oder gegen eine Umbenennung gebe.

Zurück zum Agnes-Miegel-Weg. Dort sind sich die Anwohner selber nicht ganz einig, was sie von dem Thema halten sollen. „Natürlich habe ich schon von der Sache gehört, aber, um ehrlich zu sein stört mich der Name überhaupt nicht“, sagt Elke Golubuvic. „Sollte der Weg wirklich umbenannt werden, würde das für uns doch sicher auch einen erheblichen Aufwand mit sich bringen“, gibt die Tönisheiderin zu bedenken.

Genau das ist auch für die Stadt ein nicht unerhebliches Argument gegen eine Umbenennung: „Schließlich müssten nicht nur die Straßenschilder geändert werden“, so Scholz. „Jeder Anwohner bräuchte auch eine neue Aufschrift auf dem Personalausweis.“ Um die Diskussion um eine Umbenennung des Weges zu verstehen, muss man die Biographie von Agnes Miegel kennen. Die Dichterin gilt als glühende Verehrerin des Nationalsozialismus und vor allem Adolf Hitlers. Viele ihrer Gedichte widmete sie ihm. In der Zeit von 1933 und 1945 wurde sie von den Nationalsozialisten mit Auszeichnungen überhäuft. 1940 dann ist Agnes Miegel in die NSDAP eingetreten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie von den Alliierten im Zuge der Entnazifizierung freigesprochen. Ausdrücklich vom NS-Regime distanziert hat sie sich bis zu ihrem Tod im Jahr 1964 allerdings nicht.

Entscheidung Ende August

Eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, fände eine Namensänderung trotzdem nicht in Ordnung: „Mit den Nazis hat heute doch niemand mehr was am Hut. Außerdem wohne ich schon seit 50 Jahren hier und der Name der Straße war nie ein Problem“, sagt die Rentnerin. „Ich möchte auf jeden Fall, dass alles so bleibt. Ich habe keine Lust, mich darum zu kümmern, dass alle meine Bekannten den neuen Straßennamen erfahren.“ Eine Nachbarin fügt hinzu, dass es damals für alle sicher nicht so einfach gewesen sei, sich aus der Politik rauszuhalten. Auch sie findet, dass der Agnes-Miegel-Weg seinen Namen behalten sollte.

Ende August wird die Stadt eine Entscheidung treffen. „Dafür möchten wir natürlich die bestmögliche Grundlage haben“, sagt Wolfgang Scholz von der Stadt. „Wir fragen auch die Anwohner nach ihrer Meinung. So eine Entscheidung kann man schließlich nicht einfach über das Knie brechen“, so der 53-Jährige. Erst, wenn man sich genau mit allen Tatsachen auseinandergesetzt habe, könne eine endgültige Entscheidung getroffen werden. Und auch erst dann wissen die betroffenen Anwohner, ob ihre Wünsche berücksichtigt wurden.